Inhaltsverzeichnis
Reisebericht: Mit der MS Amadeus Provence von Lyon nach Arles
Ein Besuch von Chalon-sur-Saône, Mâcon, Vienne, Tournon, Uzes und Avignon
Lukullische Schatzhöhlen in Lyon
Der November 2018 war ein ungewöhnlicher Monat für mich. Gleich dreimal fast hintereinander ging es in die Fremde. War der erste Teil noch beruflich und kurz, waren die anderen beiden pures Vergnügen und länger. Eine davon war eine Kreuzfahrt mit MS Amadeus Provence von Lyon nach Arles. Solche Monate könnte es mehr im Jahr geben, aber ohne Arbeit kein Geld, und ohne Geld kein Urlaub.
Der Auftakt war ein Kongress im KTC Königstein, das ein angenehmes Tageshotel ist. Ich hatte ein riesiges Zimmer mit Büro bekommen, ein großes Danke an die Rezeption. Über das Tagesprogramm berichten, würde an dieser Stelle nicht viel bringen. Außer dass ich hörte, dass ein Kollege eigenes Bier braut, und natürlich auch trinkt, ein Prost darauf.
Am Abend spielten alle anderen Teilnehmer erst einmal Indianer (als Bogenschützen), dafür war es mir Weichei viel zu kalt. Ich blieb lieber an der Bar, und konnte nicht widerstehen, die angebotene Gin-Probe zu bestellen. Sechs verschiedene Sorten, darunter auch der vielschichtige Monkey 47, konnte ich genießen:
Nachdem allmälich meine frierenden Kollegen und Kolleginnen zurück zu mir ins Warme gekommen waren, wurde es ein langer Abend. Ich bitte um Verständnis, keine Details. Das war natürlich nur ein Geplänkel gegenüber dem, was danach folgte.
Nachdem ich im letzten Jahr mit Amadeus Fluss-Kreuzfahrten hervorragende Erfahrungen sammeln konnte:
und länger nicht mehr in der Provence war, buchte ich eine Kreuzfahrt mit der MS Amadeus Provence von Lyon nach Arles. Fast an jedem Tag war etwas spezielles Kulinarisches im Programm. Nicht nur Kirchen und Schlösser standen auf der Liste der besuchten Destination. Das überzeugte mich, und wurde gebucht.
Das Schiff lag einen ganzen Tag in Lyon, das sollte für die Stadt reichen, dachte ich mir. Kurzfristig flog ich dann doch einen Tag vor der Kreuzfahrt dorthin (ich hatte frei, und verlor dadurch keinen Urlaubstag). Ich besaß noch ein paar wenige Meilen, die aber nicht für ein Sofitel und Co reichten. Ich wählte bescheiden das Comfort Suite River Gauche, das fast direkt an der Anlegestelle des Schiffes lag.
Nach einem angenehmen und einsamen Flug mit der Lufthansa (das vordere Kompartment war mir allein), und schöner Sicht auf die Berge:
war ich mir beim Betreten des Terminals wie in einer Geisterstadt vorgekommen. Viele Ab- und Anflüge waren an den Tafeln zu sehen, aber ich lief mutterseelenallein durch lange Korridore. Wir landeten anscheinend nicht in der Stoßzeit. Ich nahm ein Taxi zum Hotel, und sprach mit dem Fahrer aus Niger / Afrika hochinteressante Dinge über die Stadt, trotz Sprachbarrieren.
Es war schon später Nachmittag, und außer planloses Schlendern, um etwas zu essen und trinken zu suchen, unternahm ich nicht mehr viel. Zuerst wunderte ich mich in den Bouchons (kleine typische Gasthäuser der Stadt) über Zwiebelsuppen-Preise bis zu fast 20 €, aber zumindest meine war für etwas weniger ihr Geld wert:
Am nächsten Tag hatte ich kein Programm, ignorierte zuerst mehr oder weniger die Cathédrale St Jean Baptiste:
und scheute nicht anschließend den etwas beschwerlichen Aufstieg zu Fuß zur Wallfahrtskirche Notre-Dame de Fourvière auf dem gleichnamigen Hügel:
Ich genoss den fantastischen Ausblick auf die Dächer der Stadt:
Nach einer Tour de miroir (ich hoffe, der Ausdruck ist korrekt):
sagte ich den Schwänen der Rhône Bonjour!:
Ich wollte nicht früher als zur Einschiffungszeit an Bord sein, aber es fing so heftig an zu schütten, dass es keinen Sinn ergab weiter durch die Gegend zu laufen. Ich durfte vorzeitig auf das Schiff:
und es gab gleich ein schönes Wiedersehen. Mich begrüßte die gleiche Reiseleitung wie bei meiner ersten Reise mit der Gesellschaft, eine sehr aufmerksame und fachkompetente Dame. Ich hatte den Eindruck, dass ich wieder sehr willkommen an Bord war. Als ich danach an der Bar saß, wurde ein Mittagessen-Buffet aufgebaut, ungewöhnlich vor einer Kreuzfahrt. Die Besatzung motivierte mich, davon zu nehmen. Später war herausgekommen, dass dies nicht für mich, sondern nur für die große Gruppe gedacht war, tragisch nahm das aber niemand.
Guten Nachrichten waren anschließend von der Reiseleitung gekommen. Die meisten Passagiere waren in der Gruppe vom Mittagessen, die ihre eigenen Ausflüge veranstaltete. Für die restlichen fünfzehn Passagiere gab es pro Exkursion einen großen Ausflugsbus. Das gefiel mir, unangenehme Sitznachbarn, Wartezeiten beim Ein- und Ausstieg und Gedrängel fiel dadurch schon einmal weg. Da die meisten angebotenen Destinationen nur umständlich auf eigene Faust zu erreichen waren, nahm ich mir Mut, und buchte fünf Touren, was ich ansonst nicht mache. Nur die Stadtrundgänge ersparte ich mir.
Nach dem Abendessen zog es mich noch einmal nach draußen, und das wurde der Knaller. An der Rhône liegen ein paar Party-Boote mit Nachtclubs. Ich landete in einem mit Schallplatten-DJ, wo alle Gäste und das Personal meine Enkelkinder hätten sein können. Das störte niemanden, ich fühlte mich in meine Jugend zurückversetzt, und war wohlauf zufrieden (bis auf die Kopfschmerzen am nächsten Morgen).
Den ersten Ausflug hätte ich auch auf eigene Faust machen können, fand aber den Besuch der berühmten Gourmet-Halle Les Halles de Lyon Paul Bocuse durch die angebotene Verkostung der Produkte der Stadt geselliger als allein einen Rotwein zu schlürfen.
Nach dem Einstieg in den Bus weiß ich, wie VfL Wolfsburg Fans sich bei Auswärtsfahrten fühlen. Bei allen Fahrten waren wir nur zehn bis zwölf Passagiere, was sehr angenehm war. In dem Fall war es allerdings vernachlässigbar, durch das Einbahnstraßen-System wäre Laufen schneller gewesen. Ich war zurück trotz Foto-Stopps zu Fuß früher am Schiff als meine Mitreisenden.
Von außen sahen zuerst die modernen Zweckbau-Hallen eher unscheinbar, sachlich und schlicht als ehrwürdig aus:
Aber von innen sah ich schnell, dass sie seit 1970 ein Schlaraffenland für Gourmets sind. Es werden Leckereien aller Art angeboten: Weine und Champagner, Käse und Wurst, Pasteten und Hummer. Verlaufen kann man sich nicht, obwohl das eine japanische Mitreisende bei uns geschafft hatte.
Aber auch Kontraste. Wagyu-Rind wurde für 250 € das Kilo angeboten:
Schweineschinken für 350 €:
und Schweinefüße für 4 €, da sollte für jeden etwas dabei sein:
Für uns gab es zuerst Kostproben, und die deutschsprachige Übersetzung dieser fand ich etwas unglücklich, und eher untertrieben gewählt: gekochtes Fleisch (die Wurst links), Käse in der Mitte und Gebäck (die kleinen Törtchen rechts):
Undokumentierte Weinproben gab es danach natürlich auch. Vor den Hallen thront der Meister selbst, und blickt auf einen nieder. Der wichtigste Wegbereiter der Nouvelle Cuisine starb mit 92 Jahren, und gilt als einer der besten Köche des 20. Jahrhunderts:
Meine unbegründeten Befürchtungen, dass zwei Nächte zu lang für Lyon waren, hätte ich mir ersparen können. Obwohl es nicht mein erster Besuch dort war, hatte ich viel Neues und Schönes erlebt. Auch gerne wieder. Ich freute mich aber auch auf den Beginn der Kreuzfahrt zum Burgund.
Gebiete des Käses und des Weins – Chalon-sur-Saône und das Burgund
Ein ehemaliges Hospiz zu besichtigen liest sich nicht gerade spannend an, und ein freier Landgang in der Stadt Beaune wurde bei der Ausschreibung verschwiegen. Letztlich gab die anschließende Weinprobe den Ausschlag, dass ich den Ausflug trotzdem buchte. Und vorweg: Er wurde einer der Höhepunkte der Reise. Das in 1443 gegründete Hôtel-Dieu (Hostel of God) wurde bis 1971 als Hospital genutzt. Heute dient ein Teil als Altersheim, der Rest kann besichtigt werden.
Die Gebäude stellen typische Bauwerke der flämischen Gotik dar. Dass an Tagen wie diesen Mangel an Weitwinkel-Objektiven bei mir herrschte (ich besitze keines), hier das Hospices de Beaune von der rechten:
und der linken Seite:
Durch zahlreiche Stiftungen, Schenkungen und Vermächtnisse nahm die Pracht des Gebäudekomplexes nach der Eröffnung immer weiter zu, man sprach von einem Palast für die Armen. Trotzdem gab es eine strenge Einstufung, der Adel schlief in der Business-Klasse:
und der Mob in der Economy:
Nur das Personal sah überall gleich aus, da stand wohl nur eine hübsche Frau Modell für alle:
Es ist selten, dass ich freiwillig in ein Krankenhaus gehe (bevorzugt nur zu Geburten), aber hier machte der Besuch Spaß. Danach hatten wir Freizeit, um die hübsche Stadt Beaune anzuschauen. Auch hier war Markt. Nicht ganz so schick und nobel als in Lyon, aber die Produkte waren auch ansehnlich, und erzeugten Appetit:
Die Aussage nichts los wäre Fake News:
Die Blicke darauf sahen gut aus, löschten aber nicht meinen Durst, und stillten nicht den Hunger. Das Erste wurde durch eine Weinprobe geändert, das gehört zu jedem Burgund-Besuch dazu. Organisiert profihaft vom Le Cellier de la Cabiote mitten in der Stadt. Wir lernten etwas von der Weingewinnung kennen, viel wichtiger war aber die angebotenen Weiß- und Rotweinproben sowie als Abschied den Creme de Cassis. Besoffen wurde dadurch niemand, das war auch nicht geplant:
Ein schöner Vormittag war vorbei, aber noch lange nicht ein Ende der Besichtigungen. Ich hatte noch etwas Zeit, um durch die Stadt Chalon-sur-Saône zu schlendern. Nur das Wetter spielte nicht mit, es war eitler Sonnenschein. So ergaben die aufgehängten Regenschirme doch gar keinen Sinn:
Wie in jeder Stadt in Frankreich dominiert auch dort die Kirche das Stadtbild, hier die Cathédrale Saint Vincent:
Nach dem Mittagessen ging es danach zum Ausflug Mittelalterliches Brancion und Schloss Cormatin. Zuerst war ein Halt bei einer Zucht von Charolais Rindern. Den Züchtern geht es nach der Aussage der örtlichen Reiseleitung überhaupt nicht gut. Die Erträge sinken, und viele haben zu kämpfen, damit sie überhaupt etwas verdienen:
Von der Pracht des Schlosses Cormatin können die meisten Züchter wahrscheinlich nur träumen, ein Manifest des französischen Geschmacks. Das im 17. Jahrhundert errichtetes Schloss demonstriert die Nüchternheit und Strenge des ländlichen französischen Baustils, fast ohne jeglichen Fassadenschmuck:
Die Innenräume konnten anschließend im Rahmen einer Führung besichtigt werden. Hier das tolle Gemälde Ronde antique auf der linken Seite. Ich wäre gerne beim Erstellen dabei gewesen:
Nach Jagdszenen wie diesen:
wurde natürlich damals auch ohne Hallen schon üppig gegessen und getrunken:
Nur vom Schlafzimmer war ich enttäuscht, da ist ja jedes Ibis Hotel besser:
Ein Suchbild zum Abschied des unterhaltsamen Tages: Wer findet den (absichtlich gemachten) Fehler bei dieser Aufnahme?
Innere Einkehr an der Saône
Den Vormittag machte ich auf ruhig. Ausgeschrieben war eine Tour zum Weingut Hameau Duboeuf. Da sage ich normal nie nein, aber ein regionaler Weinanbau mit audiovisuellen Vorführungen und 3D-Filme in einem dynamischen Kino brauche ich nicht.
Da schlenderte ich lieber durch die Stadt Mâcon, die mit seinen 3 500 Bewohnern etwa 60 Kilometer nördlich von Lyon an der Saône liegt. Die Sehenswürdigkeiten begrenzten sich auf paar Gebäude. Das war es mir recht, nach den zwei Ausflügen vom Vortag in Ruhe den Vormittag zu genießen ohne einen Plan war angenehm.
Doch der Schock war groß, als ich mit dünner Jacke das Schiff verließ und dieses Hinweisschild sah:
Dafür war ich nicht ausgerüstet, und ich sehnte mich Sibirien, dort war es wärmer.
Nachdem es sich als Bug erwies (könnte eines meiner entwickelten Programme sein) blieb ich doch. Ich lief durch die menschenleeren Straßen des Ortes, denn es war Sonntagmorgens. Das Stadtbild dominierend war die Kirche Saint-Pierre:
die im 19. Jahrhundert erbaut wurde. Die beiden Kirchtürme der Église Saint-Pierre sind richtige Schmuckstücke:
Viel mehr hatte ich an dem Morgen nicht unternommen. Ich ruhte mich noch etwas in meiner Kabine aus, in der für mich allein genug Platz war. Die Aussicht war begrenzt, zum Einschätzen wie die Tageszeit und das Wetter war es aber ausreichend. Das war mir egal, nur durch die zwei getrennten Betten wachte ich jeden Morgen in der Mitte in dem Schlitz eingeklemmt auf, da ich ein durchgängiges Bett gewohnt bin. Das war nur ungewohnt, es gibt schlimmeres, und es war schmerzfrei:
Die MS Amadeus Provence wurde erst 2017 in Dienst gestellt. Dementsprechend ist die Einrichtung schick und modern, und natürlich in einem Top-Zustand:
Gemächlich und ruhig ging es am Nachmittag mit einer Fahrt zur Abtei von Cluny weiter. Sie verkörperte vor rund tausend Jahren das geistliche Zentrum von Europa. Die Klosterkirche war bis zur Fertigstellung des Petersdorf in Rom die größte Kirche der Christenheit:
Obwohl ein Großteil in Ruinen liegt (nur zehn Prozent verblieben), zeugen die Gebäude trotzdem noch die Größe und Herrlichkeit von früheren Zeiten. Viel mehr möchte ich darüber auch nicht schreiben, siehe Google bei Interesse. Unser lokaler Reiseleiter erzählte noch viel mehr, während die Zeit zum Anschauen Minute um Minute kürzer wurde. Ich entschied mich das Gelände auf eigener Faust, ohne Erklärungen anzuschauen, um keine unnötige Zeit mit Informationen zu verlieren, die ich in zwei Minuten ohnehin vergessen hätte:
Viel los war nicht. Wahrscheinlich, weil wir außerhalb der Saison dort waren. Ein Besuch kann ich empfehlen, denn sie ähnelt deutschen Großprojekten: Es war eine Architektur der Superlative. Sie war maßlos, überdimensioniert, und vollkommen aus den Fugen geraten:
Auch die Außenanlagen waren dort sehenswert, mit etlichen Türmen:
Parks und Gebäuden:
Der Tour de Fromage ist Programm, in diesem Turm wurde einst Käse getrocknet:
Abgerundet wurde der schöne Tag durch die anschließende nächtliche Fahrt durch Lyon:
Damit verließen wir die Saône, und fuhren auf der Rhône weiter in den Süden.
Außen Bier, innen Wein – Vienne und Tournon
Ausflugsfrei ging es nach Vienne und Tournon. Durch Straßen laufen und mir Geschichten über die besuchten Orte anhören (die ich in kurzer Zeit wieder vergessen hätte) brauche ich nicht. Für mich sind Ausflüge ein bequemes Verkehrsmittel, nicht viel mehr (außer vielleicht noch Weinproben und Co). Zumal bei dem unbeständigen Wetter an diesem Tag.
Wie man sieht, sahen wir am Anfang wegen Nebel nicht viel in Vienne. Wahrscheinlich wie das Monument mit dem starren Blick dort auch nicht:
Es wurde aber schnell klarer, und die Sonne hatte sich zeigen lassen. Die ersten Blicke auf die Stadt waren schon einmal nett:
In Vienne sind Reste römischer Bauwerke erhalten. Die Tempelanlage von Augustus and Livia gehört zu einer der besterhaltenen des gesamten römischen Imperiums, weil sie im Mittelalter als Kirche genutzt wurde:
Die Kirche Saint-Maurice ist die Kathedrale des ehemaligen Erzbistums Vienne, das erstmals 314 erwähnt wurde:
Gebaut wurde sie ab 1130, aber in der Folgezeit mehrfach durch Kriege und Plünderungen gelitten. Davon ist heute natürlich nichts mehr zu sehen:
Aber als wir die Stadt und das gleichnamige Département auf der Isère wieder verließen, waren wir froh, überhaupt noch die Silhouette der Stadt erahnen zu können:
Das hatte an diesem Tag nichts zu bedeuten. Dagegen ist das Wetter im November in Irland beständig gegenüber dem im Südfrankreich zu der gleichen Zeit:
Aber nicht nur hübsche Spiegelungen gab es zu betrachten. Ich wurde auch zu einer Wein / Schokoladen-Probe eingeladen, der neue Trend. Schnell wurden mir Pralinen serviert und verzehrt, der Banause in mir kapierte nichts. Peinlich schauend überlegte die Crew, wie sie mir schonend mitteilen konnte, dass zu jeder Praline ein Getränk zum Testen gereicht wurde. Nach langer Zeit kapierte ich, dass das Kakaoprodukt nicht zum, sondern mit dem Wein genossen wird.
Professionell wurden die Übereinstimmungen der Produkte erklärt. Es wurden genaue Regeln aufgestellt, wie lange man etwas im Gaumen halten soll, die Biss-Art und einiges mehr. Auch wenn vielleicht viel Einbildung dahinterstand, ich bildete mir ein, dass es so wie es erklärt wurde auch geschmeckt zu haben. Die Vermischung von schmelzender Schokolade im Mund mit den Aromen des passenden Weines war neu für mich und interessant.
Ein kleiner Test, zu welcher Praline:
Glasiert mit Maracuja – Helle Schokolade – Dunkle Schokolade
wurde was für ein passendes Getränk serviert:
Sekt – Weißwein – Rotwein
Der Gewinner darf sich den passenden Geschmack virtuell einbilden.
Serviert wurde die Probe im Salon des Schiffes, mein Wohnzimmer während der Fahrt. Das Personal war dort nett und aufmerksam. Bis auf einen jungen Getränke-Kellner, der bei einer Bestellung ein Gesicht aufsetzte, dass man meinte, er wäre zu einer Strafaufgabe verdammt worden. Egal, es sei ihm wegen seines Alters verziehen. Schön war es trotzdem immer dort:
Derart gestärkt erreichten wir danach am Nachmittag Tournon-sur-Rhône. Preisfrage: An welchem Fluss liegt diese Gemeinde?
Um die gewaltigen aufgenommenen Schokoladen-Kalorien wieder abzubauen, lief ich dort zum Hospital Tower. Im 16. Jahrhundert wurden zum Schutz der Stadt zwölf Türme in dieser Art errichtet, heute stehen noch zwei davon. Nur bei diesem schaut die Statue of the Virgin Mary von oben auf die Ortschaft:
Ein großer Ehrgeiz viel mehr herumzulaufen im beschaulichen Örtchen hatte ich nicht. Als ich danach das urige alternative Slow Food Café La Péniche sah:
musste ich die dort angebotenen Biere mit den originellen Labeln probieren, trotz der Lage des Ortes an den Weinanbaugebieten der Côtes du Rhône:
Die Folge war, dass ich erst in der Dämmerung zurück zum Schiff laufen konnte (was den Ort noch schöner machte):
Ich nahm Abschied von Tournon-sur-Rhône, mit einem Blick auf das Château de Tournon:
das teilweise unter Denkmalschutz steht. Heute wird die ehemalige Burg als Museum genutzt.
Ich lief Ausflugslos durch Tournon zurück zum Schiff, und hatte das Gefühl dadurch nichts versäumt zu haben.
Liebliche Atmosphäre rund um Uzes
Der Pont du Gard ist DAS Wahrzeichen der Region, und eines der besterhaltenen antiken Bauwerke überhaupt. Ich wollte zu dem römischen Aquädukt schon immer mal hin, es hatte sich aber nie ergeben. Es war selbstverständlich, dass ich den Ausflug dorthin buchte.
Nach einer angenehmen Busfahrt waren es nur ein paar Schritte dort, die wir vom Besucherzentrum zu dem Aquädukt laufen mussten. Das machte nichts, weil es eine schöne Landschaft war:
und es ein Restaurant gegen Hunger und Durst gab:
Feldherr Agrippa hatte vor 2 000 Jahren von seinem Schwiegervater Kaiser Augustus die dankbare (oder auch nicht) Aufgabe bekommen, eine Wasserleitung von einer Quelle bis nach Nîmes zu bauen, immerhin fünfzig Kilometer mit einem Höhenunterschied von siebzehn Metern. Das war eine technische Herausforderung, zumal sich als Hindernis der Verlauf einer bedingten Überquerung des Flusses Gardon (auch als Gard bekannt) bedingte. Mehr als eintausend Arbeiter waren beteiligt, und der geniale Bauherr konnte die Fertigstellung der Brücke nicht mehr erleben, schade.
Wahrscheinlich hatte niemand von denen angenommen, dass ihre Brücke auch nach 2 000 Jahren noch in solcher Pracht steht. Der Pont du Gard wurde nur ein einziges Mal in dieser Zeit einer größeren Restaurierung unterzogen, und das war unter Kaiser Napoleon III.
Vor Eröffnung des Besucherzentrums war der Eintritt frei, aber niemand kümmerte sich um den Zustand der Anlage, dementsprechend übel sah es aus. Das hat sich nun geändert. Die Touristenmassen lassen sich trotz des Ticketpreises nicht verschrecken. Circa zwei Millionen Besucher kommen im Jahr, um unter anderem diesen Blick zu genießen:
Trotzdem dieses Besucherandrangs schaffte ich das Wunder von Pont du Gard: Seit Jahrzehnten war ich der erste Tourist, der ein Bild vom Aquädukt bei Tageslicht, regenfrei und Plustemperaturen ohne! Touristen aufgenommen hatte. Und versprochen: ohne Photoshop. In den hiesigen Tageszeitungen wurde ich als Held und Idol gefeiert. Ich denke, dass es wohl eines der geschichtlich einflussreichsten Bilder wird, und rechne mindestens mit dem Pulitzer-Preis für Fotografie:
Vermutlich lag es an dem trockenen Wetter, denn als es erneut regnete, fanden sich wieder Besucher ein:
Nach dem Abschied von diesem sehenswerten Bauwerk:
führte die anschließende Weiterfahrt zum malerischen Ort Uzès, dem nächsten Höhepunkt des Tages. Das Erste Herzogtum in Frankreichs hat eine Altstadt, die es wert ist, zu erkunden. Im Zentrum ist der verwinkelter Herzogspalast (Le Duché), dessen Besichtigung der Adel sich teuer bezahlen lässt:
Über verträumte Plätze:
und durch enge Gassen:
ging es zur Cathédrale Saint Théodorit:
Der Ort ist empfehlenswert sich anzuschauen, wenn man in der Gegend ist. Passend dazu: An der Anlegestelle weidete idyllisch eine Schafherde:
Diese Burgruine auf dem Weg nach Avignon rundete danach den gelungenen Tag ab:
obwohl das Wetter bei der Weiterfahrt nicht immer das Beste war:
Es war Sitzen innen angesagt. Und das nicht, weil es draußen nur Kännchen gab. Nach dem Regen änderte sich die Stimmung, sowohl an Bord als auch draußen. Statt Tristesse nun wieder gute Laune, auch weil die Wolken sich herrlich im Wasser spiegelten. Fast zwei gleiche Motive, ich konnte mich nicht entscheiden, welches Bild schöner ist:
Auf diesem Niveau ging es weiter, bis wir die Stadt Avignon erreichten:
Genussmomente in Avignon
Wir waren am Nachmittag in Avignon angekommen, und den nutzte ich danach noch zu einem Spaziergang in die Stadt. Zuerst war die viel besungene Brücke mein erstes Ziel:
Meine Planung sah vor, auf dieser etwas herumzulaufen. Das ging schief, das Betreten kostet nun Eintritt, und die Besuchszeit war vorbei.
Brückenlos lief ich danach prompt zum Palast der Päpste. Der war auch geschlossen, aber sieht von außen auch eindrucksvoll aus:
Das Licht passte, wie auch beim Bummel durch die Innenstadt danach:
und bei der Rückkehr zum Schiff (das ist nicht die MS Amadeus Provence):
Am nächsten Morgen lief ich den gleichen Weg zur Stadt. Ich verzichtete darauf, ein paar Euros auszugeben, um nur auf der Brücke zu stehen. Und wie man sieht, nicht nur ich. Bei meinem letzten Besuch war die Brücke voller Touristen …
Dagegen war es mir den Eintritt wert, den Innenbereich des Palasts der Päpste anzuschauen.
Der Papstpalast war zwischen den Jahren 1335 und 1430 die Residenz von neun Päpsten und Gegenpäpste. Das machte sie zur damaligen Hauptstadt der Christenheit. Hört sich langweilig an, war aber alles andere als das. Das hatte Kaufleute und Bankiers, Handwerker und Gaukler, Prostituierte und viele Glücksritter angezogen. Man bezeichnete die Epoche als Babylonische Gefangenschaft, tatsächlich war die große Hure Babylon ein treffendes Bild für den Zustand. Liest sich interessant an, schade, dass es keine Zeitreise zurück dorthin gibt. Einen Pfuhl des Lasters wollte ich schon immer mal besuchen. Im Jahr 1378 war das Spektakel vorbei, denn es wurde wieder ein Italiener zum Papst gewählt. Der Trupp zog mit nach Italien, und Avignon versank wieder zur Provinzstadt herab.
Bei einer Besichtigung dort sieht man davon leider wenig, es herrscht Seriosität und Trauer:
Interessant war es allemal. Zurück auf dem Schiff war am Abend das Gala-Abendessen angesagt:
Es wurde wie alle anderen Mahlzeiten im schicken Restaurant des Schiffes serviert:
Zu meckern gab es nichts. Ein toller aufmerksamer Kellner, der schnell meine Vorlieben erkannte, und bei jeder Bestellung darauf Rücksicht nahm. Die Speisen waren durchweg fein und klein (extra von mir so bestellt, ich kann mehr trinken als Essen). Auch die angebotenen Weine passten, und die Stimmung an Tisch mit meinen beiden Tischnachbarn aus Österreich war fröhlich.
Hier ein exemplarischer Fischgang, der aber nicht Bestandteil des Galamenüs war:
Der Höhepunkt war wie immer die Traumschiff-Parade, auf die keine Kreuzfahrt verzichtet. Nur schmeckt die Torte auffällig immer gleich auf allen Schiffen, und mir zu süß. Ich befürchte, dass diese beim gleichen Hersteller gekauft wird. Das kann ich natürlich nicht auf alle übertragen, und es kann auf der MS Amadeus Provence natürlich nicht so sein.
Nächtlich ging es weiter Richtung Arles, dem letzten Ziel unserer Kreuzfahrt.
Heimspiel – Die Hits aus der Arles Arena
Während der Fahrt zwischen Avignon und Arles (bei bescheidenem Wetter) sahen wir am nächsten Morgen das wehrhafte Wasserschloss von Tarascon. Die Rhône bildete eine romantische Kulisse, vor das sich das Schloss, das im 15. Jahrhundert erbaut wurde, eindrucksvoll erhebt:
Ich war im für mich Internet-freiem Jahr 2008 schon einmal in Arles, und hatte es damals gepackt das Amphitheater nicht zu besuchen / zu finden. Ich weiß nicht warum, das muss ich wohl verpennt haben. Es prägt das Stadtbild, und ist sichtbar die einzige Erhebung. Da es DIE Sehenswürdigkeit der Stadt ist, stürmte ich nach der Ankunft sofort dahin, um es nicht schon wieder links liegenzulassen. Damals verpasste ich etwas, das Monument historique (ein nationales Baudenkmal) war für mich sehr interessant und imponierend.
Das römische Amphitheater Arles (Les Arénes d’Arles) wurde ca. 90 n. Chr. erbaut. Von den ehemalig drei Etagen sind noch zwei übrig, auf denen bis zu 21 000 Zuschauer/-innen Platz fanden:
Es diente als Durchführungsstelle von großen Kämpfen und Wagenrennen, und heute für unblutige Stierspiele, Konzerte und Theatervorstellungen:
Die Form ist elliptisch, und die Fassade hat zwei Ebenen mit sechzig Rundbogengängen:
Es liegt direkt im Zentrum, hier ein Blick von der Tribüne über den Haupteingang auf die Stadt:
Neben der Arena gibt es noch das antike Theater, das unter Kaiser Augustus um 25 v. Chr. errichtet wurde. Modelle lassen erkennen, was für ein einzigartiges Theater die Römer damals erschufen. Von dieser Ausstattung ist im Laufe von über 2 000 Jahren leider nicht mehr allzu viel übrig geblieben. Wofür der Eintritt genommen wurde, weiß ich nicht, das wenige Erhaltene kann man auch gut von außen ansehen:
Eintritt frei ist die Sicht auf einen Obelisken. Er stammt aus dem römischen Zirkus, und wurde mit Schwierigkeiten nach Arles transportiert. Er diente den Wagenlenkern in der Antike zur Orientierung. Heute vielleicht Nachtschwärmer auf dem Weg nach Hause, denn er liegt direkt am Rathaus:
Der touristische Tiefpunkt dieser Reise war gleichzeitig die letzte Sehenswürdigkeit der Kreuzfahrt. Ich besuchte die Thermes de Constantin. Die antiken Thermen von Kaiser Konstantin sind heute ein paar Steine, die wenig an alte Bäder erinnern. Vielleicht mit sehr viel Fantasie, die bei mir ausblieb:
Viel unterhaltsamer fand ich bei der Rückkehr zum Schiff die musikalische Begrüßung des Bordmusikers, die an jeder Anlegestelle erfolgte:
Ich empfand seine Partnerin und ihn immer gut gelaunt, kurzweilig und spaßig. Sonderwünsche wurden gerne erfüllt (gerade mir als ABBA und Edith Piaf Hörer), kleine Show-Einlagen wie hier am letzten Abend der Reise ergänzten das musikalische Programm:
Gut gemacht, mein neuer Freund!
Am nächsten Morgen sah der Himmel über Arles spektakulär aus:
Ein cooler Abschied von der Stadt. Ich verabschiedete mich vom Schiff und der Besatzung:
und fuhr mit der großen Passagier-Gruppe zusammen zum Flughafen von Marseille, um von dort nach Hause zu fliegen.
Dort angekommen, war ich mir vorgekommen wie am Flughafen von Lyon, große Hallen, aber keine Passagiere. Ruck-Zuck war ich am Gate, Air France, Ryanair und Co fliegen wohl zu anderen Zeiten. War mir recht. Etwas sehnsüchtig blickte ich nach dem Start noch einmal auf Frankreich, es waren dort und auf dem Schiff wunderschöne Tage verbracht. Mit der Gesellschaft Amadeus und der MS Provence würde ich immer wieder eine Kreuzfahrt unternehmen, die Leistung ist großartig. Manchmal fühle ich mich als Allein-Reisender wie in einem Baumarkt, wo man verzweifelt nach Mitarbeitern schaut, hier nicht. Das Wetter war nicht immer das Beste auf dieser Reise, aber viel mehr konnte ich von Frankreich im November auch nicht erwarten.
Zu Hause erwartete mich unser jährliches Volksfest vor meiner Haustür, das ich seit Jahrzehnten meide. Dieses Mal war ich terminmäßig vor Ort, und ließ mich von Auswärtigen, die den Markt regelmäßig besuchen, in Marktgaststätten beraten, wo ich einkehren konnte. Verkehrte Welt:
Das war nur die Hälfte des Reisemonates, was ich in der zweiten Hälfte des Monats erlebt hatte, ist hier nachzulesen: