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Reisebericht: „Zinni – Allein zu Haus“ in Uummannaq in Grönland
Eine Grönland-Reise zu einem ganz speziellen Ort, mit einem Berg mit Herz
Vor der Reise
Während des Anschauens des Films Fräulein Smillas Gespür für Schnee an Bord eines langen Lufthansafluges hätte ich mir nie erträumen lassen, dass ich viele Jahre später so oft nach Grönland reise. Am Anfang stand die Neugierde auf ein fremdes Ziel, doch jedes Mal wuchsen die Begeisterung und die Hingabe zu dem Land. Klar war mir, dass die zehnte Reise etwas Spezielles sein sollte. Mir fiel auf Anhieb die Insel Uummannaq ein mit dem robbenherzförmigen Berg, wenn es einen mystischen Ort in Grönland gibt, dann diesen. Ich war bislang einmal dort, aber nur im Rahmen einer Kreuzfahrt und viel zu kurz:
Bereits damals hatte ich mir vorgenommen noch einmal wiederzukehren und im Jahr 2014 war es so weit.
Ganz einfach ist es nicht vor Deutschland aus hinzukommen. Die lokale Reederei hatte ihre Liniendienste eingestellt und es sind fünf Flüge von Deutschland aus in einer Richtung nötig, um dort anzukommen. Der Aufwand sollte es aber wert sein, zumal grönländische Inlandsflüge das schönste Unterhaltungsprogramm aller Airlines haben, einfach aus dem Fenster schauen.
Kopenhagen
Wie so oft war wieder eine Übernachtung in Kopenhagen nötig, um den morgendlichen Air Greenland Flug zu erreichen. Ich wählte dort das Radisson Blu Scandinavia Hotel, das zwischen dem Flughafen und der Innenstadt liegt (die Anreise per Bus ist ätzend, lieber ein Taxi nehmen). In die Innenstadt zu gehen, hatte ich keine Lust, und sah mir lieber den skurrilen Ort Freistadt Christiania an. Ehemalige Kasernen wurden 1971 von Obdachlosen eingenommen, der Geist entwickelte sich aber schnell in Richtung Hippie, Hausbesetzung, Kollektivismus und Anarchismus.
Es gab Räumungen und Unruhen, derzeit herrscht aber eine relative Ruhe. Obwohl ich die Grundvoraussetzungen nicht erfülle (bin zu alt, habe keine Tattoos, nehme keine Drogen und kleide mich vernünftig) wurde ich in Ruhe gelassen, auch weil ich keine Fotos machte. Kein Wunder, wer will schon auf ein Bild, wenn man gerade Drogen kauft. Es steht überall angeschrieben, dass Fotografieren verboten ist. Nichteinhalten ist auf eigene Gefahr und dazu nur sehr eingeschränkt zu empfehlen, manch einer hat mit einer Kamera weniger den Ort verlassen.
Sehr lange hielt ich mich dort nicht auf, denn der Hauptgrund war die Einkehr im Restaurant Spiseloppen. Laut meines Reiseführers soll das ein Spitzenrestaurant inmitten des rechtsfreien Raums. Die Location ist cool und scheint auch ein angesagter Treffpunkt zu sein (es war fast voll). Von den Speisen war ich etwas enttäuscht, mein Essen (geräucherter Schwertfisch und eine Fischroulade) hatte mit feiner Küche nichts zu tun.
Bevor es ins Hotel zurückging, schaute ich mir noch die grönländische Community des Freistaates an, die Fahne könnte mal gewaschen werden und die Anwesenden sind eher die Verlierer dieses Staates, das war ein deprimierter Anblick für mich. Interessant war der Besuch von Christiana, aber wiederkommen werde ich wohl nicht mehr.
Kangerlussuaq & Ilulissat
Am nächsten Morgen ging mein vierstündiger Flug zum Drehkreuz der Air Greenland, Kangerlussuaq. Ich saß wie gewohnt am Fenster auf der bevorzugten rechten Seite, aber so richtig konnte ich den Flug zuerst nicht genießen, denn mein Nachbar hatte stolze einhundertdreißig Kilogramm. Angenehm ist was anders, ich hatte nur den halben Sitz zur Verfügung. Dafür konnte Air Greenland aber nichts und tauschen war nicht möglich, weil der Flug fast ausgebucht war. Als ich später den Ausblick auf Grönland sah, hatte ich die Enge vergessen und freute mich auf die nächsten Tage:
Nach der Landung wie immer ohne Pass- oder Gepäckkontrolle hatte ich viel Zeit für den Weiterflug nach Ilulissat. Zu der geplanten Wartezeit ist noch eine Verspätung hinzugekommen. Diese nutze ich dort mit dem Besuch des Museums, das die Zeiten der amerikanischen Air Force Basis vor Ort dokumentiert. Recht interessant, wenn man nicht weiß, was man tun soll, mehr aber auch nicht. Ich spielte dann noch etwas mit tollen Grönlandhunden, um die Zeit herumzubekommen. Eine gewisse Vorsicht ist jedoch zu empfehlen, zahm sind die Tiere nicht. Hier beißt sich die Katze der Hund in den Schwanz:
Das war aber alles schnell vergessen, nachdem der Flug nach Ilulissat aufgerufen wurde. Innerhalb von Grönland gibt es keine Sicherheitskontrollen, was weltweit nicht so oft vorkommt. Die Aussicht war wie oft wunderschön auf die tollen Berge und den Icefjord. Aus Sightseeing-Gründen bevorzuge ich die rechte Seite:
Übernachtet hatte ich wieder mal im Icefjord Hotel, ein Haus mit einem grandiosen Ausblick auf die Bay. Leider wurde die Micro Brewery im Jahr 2013 geschlossen und es gibt nur noch anderes lokales Bier, aber auch das schmeckte.
Zuerst machte ich den gewohnten Stadtrundgang zur Kirche:
nachdem zum Briefkasten des Weihnachtsmannes:
Dieser stand vorher in der Hauptstadt Nuuk, und wurde von dort migriert. Danach zum Krankenhaus, zum Glück nur von außen:
zu dem Hafen:
ein Blick auf die Stadt:
und zuletzt natürlich zum wiederholten Besuch des Icefjord Ilulissat, der sich über eine Strecke von vierzig Kilometer erstreckt. Er wurde 2004 zum UNESCO-Weltnaturerbe erklärt und ist mit dem Gletscher Sermeq Kujalleq einer der weltweit aktivsten.
Das Wetter war eine Freude, wie während der ganzen Reise. Die Eisberge strahlten dort im Licht, einer schöner als der andere. Ilulissat ist der grönländische Name für Eisberg, wahrscheinlich kann man weltweit nirgendwo einfacher diese anschauen. Das Wandern war wegen des Schnees nicht immer einfach und ich war länger unterwegs als erwartet, dafür hatten die Mücken und Touristen noch Winterschlaf und nervten nicht.
Den Abend verbrachte ich in einem der Toprestaurants von Grönland, das Restaurant ULO des Arctic Hotels. Das Restaurant ist schick und modern eingerichtet, ich wurde freundlich begrüßt und an meinen reservierten Tisch geleitet. Die Auswahl ist nicht sonderlich groß (ein Drei- und ein Fünf Gang Menü, die Gerichte können ausgetauscht werden), aber noch ausreichend.
Serviert wurde dort auf einem Eisklotz mit Nebelschwaden (eher Effekthascherei) der erste Gang, Soy/wasabi marinaded halibut on seaweed salad turned with sesame, pork rinds & ricechips. Es folgte Seal consommé with fried cod tongue, cauliflower crème, tapioca ships & chinaradish, ich kann mich nicht erinnern in meinem Leben einmal eine Fischzunge gegessen zu haben. Als Hauptgang gab es Poached musk-ox with cabbage, white asparagus, celery puree, oister mushrooms, pommes rösti and musk-ox glace, eine riesige Portion zartem Fleisch vom Moschusochsen. Das Menü endete mit dem Dessert Blueberrie gél with thyme bavarois, Mazarin & vanilla ice creame, es war schön angerichtet und konnte überzeugen.
Uummannaq
Danach ging es zum Ziel der Reise, die Insel Uummannaq. Zuvor war ein kurzer Flug zum kleinen Ort Qaarsut nötig, da es auf der Insel keinen geeigneten Platz für einen Flughafen gibt. Während des Fluges konnte ich bereits einen wunderschönen Blick auf meine ausgewählte Destination werfen (darauf achten, auf der rechten Seite zu sitzen). Bei den Kopenhagen Flügen kann man seine Sitzplätze vorreservieren, bei den anderen nicht.
Generell wird nicht gedrängelt und die Grönländer legen keinen großen Wert darauf, wo sie sitzen. Sie stehen erst auf, wenn der Flug aufgerufen wird. Wenn man sich in der Nähe des Einsteigbereichs befindet, bevor aufgerufen wird, steigt man fast immer als Erstes ein und kann sich seinen Platz nach Wahl wählen. Manchmal sind aus Trimmungsgründen auch Bereiche gesperrt, meist vorn.
Nach einer kurzen Wartezeit ging es mit einem zehnminütigen Hubschrauberflug nach Uummannaq weiter. Ein Erlebnis, das leider viel zu kurz war. Ich hatte wie bislang immer mein Stammplatz hinten, mit einem Blick zur Seite bekommen. Von diesem aus hatte ich eine herrliche Aussicht. Die linke Seite ist zu empfehlen, um die Insel gut zu sehen.
Nach der Landung wurde ich erst einmal freundlich empfangen:
Nach der Einstellung der Linienschiffe nach Uummannaq befürchteten die Beschäftigten bei meinem ersten Besuch, dass das Hotel vielleicht geschlossen wird, was später auch eingetroffen war. Derzeit können nur einfache Zimmer im örtlichen Café oder in der Sporthalle gebucht werden oder alternativ auch ganze Häuser.
Mir hatte ein Anwesen mitten in der Stadt mit einer Terrasse und toller Aussicht angetan, dass ich sehr unkompliziert buchen konnte (die Antwort des Vermieters in der Mail war lediglich „okay“ auf meiner Frage, ob ich das Haus buchen kann). Mein Heim war liebevoll eingerichtet mit allem, was man benötigt, nur an die fehlende Spülung konnte ich mich nicht ganz gewöhnen.
Vom ersten Moment an hat mir die Stadt gefallen, mit ihren bunten Häusern und dem majestätischen und dominierenden Berg dort im Hintergrund:
Das Szenario dort hat etwas und der Ort ist vielleicht der schönste im ganzen Land ohne jetzt alle zu kennen. Bonuspunkte gibt es noch für die vielen Blicke auf die tollen Eisberge:
und natürlich auf den Hausberg:
Größere Wanderungen kann man nicht unternehmen, ohne Bergsteigerkenntnisse sind schnell die Grenzen des machbaren erreicht, zumal während meiner Zeit noch Schnee lag, der die Situation nicht besser machte. Trotzdem ließ ich mir es nicht nehmen, eine Wanderung zum Haus des Weihnachtsmanns zu unternehmen (wurde von einem dänischen Fernsehsender für eine weihnachtliche Fernsehserie gebaut), leider war er nicht zu Hause.
Kulinarisch gab es erwartungsgemäß keine Höhepunkte, zwei Cafés bieten akzeptable Fast Food Gerichte an. Anscheinend sah ich trotzdem etwas Mitleid erweckend aus, denn meine Vermieterin lud mich zu (guten) Heilbutt-Frikadellen ein, damit ich einmal etwas Anständiges zum Essen hatte. Ansonsten gab es natürlich auch noch Supermärkte und Bäckereien. DortHunger zu haben, muss man nicht befürchten.
Wie in jedem Ort in Grönland nördlich des Polarkreises an der Westküste und in allen Städten an der Ostküste gab es dort viele Schlittenhunde. Und nur diese Art, um eine Vermischung zu vermeiden, im Süden des Landes gibt es keine. Es macht mir immer Spaß dort, die niedlichen Hunde (die gerade das Gegenteil sind, Obacht geben länger leben) zu beobachten und abzulichten. Die Besitzer sehen das nicht so gerne, wenn einer zugreift, muss der Hund (die Existenzgrundlage) getötet werden:
Fußball kicken können sie auch, für die Champions League befürchte ich wird es in den nächsten Jahren trotzdem noch nicht reichen:
Eine unangenehme Situation hatte ich dort im örtlichen Pub. Ich unterhielt mich mit einer Fischerin über Heilbutt-Fangmethoden, als ein Idiot auf uns zukam. Er beschimpfte mich auf übelste Art (nicht jugendfrei) und zeigte mir dazu einen gewissen Finger. Ich hatte den Kerl vorher noch nie registriert, geschweige denn mich mit ihm unterhalten.
Ich weiß nicht, was der von mir wollte. Da die Bedienung nur zugeschaut hatte, ohne einzugreifen, zog ich einen Rückzug vor, um die Angelegenheit nicht eskalieren zu lassen. Verdorben habe ich mir den Aufenthalt dadurch nicht, Deppen gibt es auf der ganzen Welt.
Dafür zeige ich lieber noch paar Bilder von dem großartigen Ort:
Qaarsut, Ilulissat & die Heimreise
Die geplanten vier Tage auf der Insel gingen schnell vorbei und die Rückreise stand an, zuerst wieder mit einem Hubschrauberflug nach Qaarsut:
Der Ort war von der rechten Seite aus noch einmal schön zu sehen:
Dort hatte ich einen längeren Aufenthalt. Dieser reichte, um mir den kleinen Ort mit seinen 171 Bewohnern, die von Robbenjagd und Fischerei leben, anzuschauen. Ein freundlicher Flughafen-Mitarbeiter nahm mich mit in die kleine Siedlung, die sehr urig und unberührt aussah, dort hätte ich gerne einige Zeit mehr verbracht. Viele Einheimische feierten den ersten eisfreien Tag des Jahres, endlich können die Fischer auf das Meer, um ihrer Arbeit nachzugehen. Die Faulen sind wahrscheinlich weniger angetan.
Die vier Kilometer zurück zum Flughafen war ich gelaufen, es war eine schöne, angenehme und zum Glück eisbärfreie Route:
Am Flughafen angekommen, landete gerade die Propellermaschine aus Ilulissat:
Nach dem kurzen Flug nach Ilulissat mit einer tollen Sicht auf eine Eisscholle:
bezog ich wieder Quartier im Icefjord-Hotel:
und ging danach zum Abendessen. Wer in dem Ort ist, sollte das Restaurant Mamartut nicht verpassen. Die kleine Gastwirtschaft bietet eine hervorragende grönländische Küche an, wie man sie sonst in Grönland selten bekommt. Auf der Karte des deutschsprachigen Kochs und dänischen Inhabers stehen unter anderem Rentier, Moschusochse, Wal und Robben, und dazu gibt es selbst gemachten Schnaps.
Einmal in der Woche im Sommer wird ein grönländisches Buffet angeboten, das alle Bestandteile der grönländischen Küche umfasst (ich bin kein Fan von einem Buffet, aber hier war ich begeistert), eine Reservierung ist zu empfehlen.
Dieses Mal hatte ich eine interessant schmeckende grönländische Tapas Platte und Haxen-Rentiergulasch mit Spaghetti, war wunderbar und schade, dass die Anreise zu weit ist, um regelmäßig dort einzukehren:
Danach gab es noch einen weiteren Höhepunkt der Reise, eine abendliche Bootstour im Schein der Mitternachtssonne. Ein Eisberg nach dem anderen glänzte im Licht der an diesem Tag nicht untergehenden Sonne, ich hatte kein Ende mit dem Fotografieren der tollen Motive. Das war ein schöner Abschluss einer bewegenden Reise.
Von der Rückreise gibt es nicht viel zu berichten, nach dem kurzen Flug nach Kangerlussuaq:
hatte ich Zeit für eine Tundra-Safari. Mir war klar, dass ich keine Moschusochsen aus der Nähe sehen werden, aber immer noch besser als stundenlang in der Cafeteria herumzusitzen.
Wir sahen sogar zwei Exemplare, aber so weit entfernt, dass es eher Such- anstatt Tierbilder geworden sind:
Auf dem Flug nach Kopenhagen gab ich zum ersten Mal bei meinen Grönland-Reisen meinen gebuchten Fenstersitzplatz freiwillig ab. Die Mittelreihen waren leer und ich hatte keine Lust wieder eingezwängt zu sitzen, zumal das Wetter und die Sicht bescheiden waren. Nach der Landung und einer kurzen Nacht im Kopenhagener Hotel Cabinn Metro (sehr einfach und minimal) flog ich am nächsten Morgen wieder zurück in die Heimat.
Der Trip war klasse und ich werde lange an ihn denken. Ob ich in der Zukunft weiterhin jedes Jahr nach Grönland fahre, weiß ich derzeit noch nicht. Vieles, was ich sehen wollte, ist gemacht und eine reine Wiederholungsreise möchte ich ungern machen. Mir wird aber bestimmt etwas einfallen, ein paar Orte im Süden sind noch offen (Nachtrag: im Jahr 2015 unternommen). Und dann habe ich noch zwei spezielle Personen, denen ich liebend gerne mal die Schönheiten des Landes zeigen möchte, mal sehen!
Danke für das Lesen und arktische Grüße
Gerald
Zinni, schön, da standen wir bei manchen Bildern an gleicher Stelle. Ja, Uummannaq ist einer der eindrucksvollsten Orte Grönlands, einfach zum Verlieben.
Gruß Bernd.
Danke Bernd, in der Tat. Uummannaq ist klasse.
Gruss aus Guernsey Gerald
Hallo Zinni,
Ich war im August auf Grönland und auch in Uummannaq. Dieser Ort ist eine Perle.
Danke für Deinen Reisebericht mit den wunderschönen Aufnahmen.
Hallo Marianne,
in der Tat, die Insel ist der Knaller. Danke für den Kommentar und coole Grüße Gerald