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Reisebericht: Unterwegs nach Upernavik im Norden von Grönland
Ein Besuch von Upernavik, Nuussuaq und Ilimanaq im Norden der coolen Insel
Die Reiseplanung nach Upernavik in Grönland und die Anreise
Ich wollte im Jahr 2016 das Dutzend vollmachen und das zwölfte Mal nach Grönland fahren, mein Lieblingsland. Seit mittlerweile elf Jahren schaffe ich es einmal jährlich zu den faszinierenden Destinationen des Landes zu kommen und bemühte mich dabei immer ein neues Ziel anzusteuern. Im Osten, Süden und Westen des Landes fällt mir das mittlerweile schwer. Im Norden fehlte aber noch etwas und wurde dieses Mal als Destination ausgesucht. Nach dem Motto: Go North! Der nördlichste Ort des Landes Qaanaaq hebe ich mir für eine Jubiläums-Reise auf, reizt mich aber auch nicht so richtig. So suchte ich mir die Nummer Zwei aus, den Ort Upernavik, was auf Deutsch der Frühlingsort bedeutet.
Ich hatte leider in diesem Jahr keine Zeit im Frühling zu fahren, fast immer bevorzuge ich diese Jahreszeit. Die Mücken und Touristen haben dann noch Winterschlaf, es gibt noch reichlich Schnee und Eis und die Stimmung ist arktischer als im Sommer. Da es aber weit in den Norden ging, hoffte ich trotzdem wieder eine wunderschöne Reise zu erleben.
Der kleine Ort mit seinen 1 140 Bewohnern wird nur zweimal die Woche ab Ilulissat angeflogen. Da diese Stadt die Welthauptstadt vom Beobachten von Eisbergen ist, machte es mir gar nichts aus davor und danach wieder dort zu sein. Nirgendwo auf der nördlichen Halbkugel lassen sich dort Eisberge eindrucksvoller beobachten, und der Name ist Programm, Ilulissat bedeutet Eisberge auf Grönländisch.
Ich buchte von dort Bootstouren, auch zu einem für mich neuen Ort Ilimanaq. In Upernavik war mir die nördliche Lage nicht gut genug und reservierte einen Hubschrauberflug zu der noch weiter nördlich in Grönland gelegenen Gemeinde Nuussuaq, dänisch Kraulshavn. Leider hatte ich dort geplant nur dreißig Minuten Aufenthalt, aber hier waren die Flüge der Grund. Hubschrauber fliegen in Grönland macht immer Spaß, einfach aus dem Fenster schauen und die Landschaft genießen.
Dreimal im Jahr 2016 flog Air Greenland von Kopenhagen via Aalborg nach Grönland. Dort war ich noch nie und es gab einen passenden Nonstop-Dienst ab Frankfurt dorthin. So buchte ich anstatt normalerweise Kopenhagen etwas Neues als Stopover auf dem Weg nach Grönland. Drei Tage vor Abflug ergab sich dann kurzfristig die Möglichkeit via Island nach Ilulissat zu fliegen. Dies hatte für mich mehrere Vorteile, unter anderem mehr Freizeit und weniger Flüge.
Ich hatte nur nicht die Hochsaison in Island bedacht. Die Suche nach einem Hotelzimmer in Reykjavik war schwierig. Manche relativ banale Hotels wollten für eine Nacht einen vierstelligen! Euro Preis haben, Wahnsinn. Unter 400 € war für mich nichts Akzeptables zu finden und einen Schlafsaal oder Gemeinschaftsduschen tue ich mir nicht an. Auch die Hotels im Flughafen nahegelegen Keflavik waren ausgebucht. Zum Glück fand ich dann im Ort Grundavik, der nur paar Fahrminuten vom Flughafen entfernt ist, eine Unterkunft, die mich nicht nach der Bezahlung arm gemacht hätte.
Anstatt den kurzen Hüpfer nachmittags nach Aalborg flog ich morgens dreieinhalb Stunden nach Keflavik. An Bord der Lufthansa ließ es sich aushalten und es war angenehm. Das mir der Steward Kaffee übergossen hatte und die Kollegin eine leere Wasserflasche knapp an meinen Kopf vorbei schleuderte war nicht weiter schlimm und bestimmt keine Absicht. Merkwürdig fand ich nur die Werbeansage zum Bordverkauf, beginnend mit Weihnachten steht vor der Tür im sommerlichen August.
Nach der Landung wartete der Shuttle des Hotels, um mich zu meinem gebuchten Geo Hótel Grindavíktel in ein paar Minuten zu bringen. Schnell wurde mir klar, dass der Ort Grundavik derzeit keine Chance hat zum schönsten Dorf des Landes gekürt zu werden. Ein alter Stadtkern fehlt und die neu gebauten Häuser ordnete ich eher der Kategorie hässlich zu und sind zudem bereits teilweise verlottert. Ob das durch die Wirtschaftskrise entstanden ist, vermag ich nicht einzuschätzen. Das Wetter spielte leider auch nicht mit, die schlechten Vorhersagen hatten leider recht behalten und es wechselte ständig zwischen Regen, Wind, Niesel und Niederschlag.
Trotzdem ließ ich mir es nicht nehmen, eine Wanderung entlang der Küste zu machen. Das erste Ziel war der grell-orangene Leuchtturm Hópsnesviti Leuchtturm, gebaut im Jahr 1928:
Er konnte aber auch nicht vermeiden, dass die Küste dort für Schiffe nicht gerade einfach zu befahren ist. Dort liegen einige vom Meer hinweg aufs Land geworfene verrostete Wracks, die in der gefährlichen Brandung der Küste verunglückten. Der erste Unfall passierte im Jahr 1931 und der letzte im Jahr 2004, insgesamt ereilte 22 Schiffen dieses Schicksal.
Ich lief noch etwas durch die Gegend:
machte den Pferdeflüsterer:
und wurde langsam hungrig. Ich besuchte das zu empfehlende Restaurant Salthúsið (das Stockfisch-Haus), um Fisch und Chips zu essen. Das schmeckte gut, war für isländische Verhältnisse fast bezahlbar und machte mich satt, Durst hatte ich noch.
Beim Besuch der lokalen Bar bekam ich einen Schrecken. Meine Kreditkartenbank schickte mir eine Mitteilung, dass das Gasthaus über 3 000 Euro Umsatz angefragt hatte. Nach einem Anruf dort teilten die mir mit, dass bei Ihnen alles okay sei und nur ein Hundertstel beantragt wurde. Ich rief das Kreditkartenunternehmen an und die stellten fest, dass es ein Fehler in der Mail war. So richtig konnte die Dame nicht verstehen, warum ich besorgt war, das wäre doch nur ein kleiner Nachkommastellen-Fehler. Ich würde mit ihr ein ernsthaftes Gespräch führen, wenn ich in dem Laden was zu sagen hätte, ein Vertrauen zu einer Bank sieht anders aus.
Viel los war nicht im Ort trotz einen Samstagabend. Für die Olympischen Spiele interessierte sich niemand, kein Wunder bei nur insgesamt vier gewonnen Medaillen bei allen Spielen zusammen. Ich war früh im Bett und schlief trotzdem lang. Viel unternehmen konnte ich ohnehin nicht. Es regnete am Stück und ich gammelte im Zimmer herum, bis mein Shuttle eintraf, um mich zum Flughafen zu bringen.
Das mehr an Freizeit hatte mir leider nicht viel gebracht. Wieder hatte ich eine Mail bekommen, dieses Mal sollten 25.000 € mir belastet werden. Witzig fand ich das jetzt nicht gerade und hoffe, dass der Fehler bald behoben ist, es wird wahrscheinlich noch mehr Kundschaft betroffen sein.
Mir wurde empfohlen, zweieinhalb Stunden vor dem Abflug am Flughafen zu sein. Das könnte bei Stoßzeiten nötig sein. Bei mir war nichts los und ich war in wenigen Minuten am Gate und viel zu früh. Ich brachte die Zeit herum, um dann auf der Air Greenland Website zu lesen, dass wir dreißig Minuten Verspätung hatten.
Am Flughafen wusste darüber niemand Bescheid und der Flug war bis zum Abflug pünktlich auf den Tafeln, das war wohl keine gute Absprache zwischen den beiden Partnern. Ich hatte einen für Fotos perfekten Sitz in der ersten Reihe ergattert, an Bord war aber dann freie Sitzplatzauswahl und mein gebuchter Platz blockierte die Stewardess mit Getränken. Mich zog es dann in die letzte Reihe, um einen guten Blick zu haben. Alle fünf Sitze waren mir (die Dash 8Q-200 mit ihren 37 Sitzen war nur zur Hälfte belegt). Die meiste Zeit war leider bewölkt, über Grönland war zuerst (mit Ausnahmen) meist nicht viel von der Pracht der Berge zu sehen:
Das war schnell wieder vergessen, als die letzten dreißig Minuten des Fluges begonnen hatten. Von da an flogen wir den Ilulissat Eisfjord ab. Normal kommen die Maschinen vom Süden und man sieht ihn nur kurz, bei dieser Route war er in voller Länge zu sehen und das war der Knaller. Faszinierend schaute ich mal links und mal rechts aus dem Fenster und war da schon froh, diese Reise gebucht zu haben. Auch erfreute mich auf den Wanderwegen nicht die befürchtete Menschenmasse zu sehen trotz strahlenden Wetter und Hochsaison. Gut gelaunt stieg ich aus der Dash 8Q-200 und freute mich auf die nächsten Tage in der Arktis.
Ilulissat und Eisberge
Mein in Ilulissat gebuchtes Hotel Arctic liegt zwischen dem Flughafen und der Innenstadt und sollte das beste Haus am Platz sein. Zwischen Mai und Oktober kann man die Nacht in einem Iglu mit einem direkten Blick auf den Eisfjord verbringen. Es wird nur das Design konventioneller Iglus übernommen, gebaut sind diese aus Aluminium, weshalb sie deutlich komfortabler sind als die üblichen. Hier ein Blick auf mein Deluxe-Iglu:
Das war mal etwas anderes und würde ich auch wieder wählen, aber nicht unbedingt als Top-Priorität, wenn was anderes für mich akzeptables frei ist. Die Aussicht war natürlich klasse. Das Hotel leistet sich eigene Grönlandhunde, ich vermute mehr als Attraktion und Quotenhunde und nicht in der normalen Funktion als Schlittenhund. Gebellt hatten die nie und ich sah auch keine Fütterung. Ich denke, die hatten in der Nacht woanders geschlafen, denn normal machen die Hunde Krach hoch drei, was sich ein Hotel mit dem Anspruch nicht leisten kann:
Den Shuttle-Bus in die Stadt ignorierte ich und machte mich zu Fuß auf den Weg. Meine ersten gesehen Eisberge im Jahr 2016 sahen schon einmal gut aus, wenn auch natürlich weniger als gewohnt in früheren Monaten bei vorherigen Reisen:
Vom Hotel aus ging es zuerst zum Hafen:
zur Kirche (und im Hintergrund Krankenhaus):
und zum Fußballplatz:
da hatte sich nichts verändert zu meinen früheren Besuchen der Stadt. Ich vermisste nur die vielen Schlittenhunde, die früher nah an den Straßen angesiedelt waren. Ich befürchte, dass naive Touristen oft zu nahe an denen waren. Falls ein Hund einen Mensch beißt, muss er eingeschläfert werden, was den Besitzer seine Existenz kosten kann. Nun sind die Tiere so weit weg, dass man sie nicht mehr gefahrlos beobachten kann, schade. Ein paar Ausnahmen gab es aber doch noch:
Der Abend im Hotel wurde mehr oder weniger zum Desaster. Das Restaurant war überfüllt und das Personal war überlastet, wobei ich denen keinen Vorwurf machte. Nur zwei Personen für die hohe Anzahl an Gästen konnten die gar nicht in angemessener Wartezeit bewältigen. Das kann wohl nicht der selbst ernannte hohe Anspruch des Hauses sein. Dafür war die Sicht aus dem Iglu wunderschön und ließ das zur Nebensache werden:
Am nächsten Morgen ging es natürlich zu Fuß zu dem Eisfjord. Man muss kein Luis Trenker sein oder eine geführte Tour dorthin buchen. Es gibt drei hervorragend beschilderte Wanderwege und man kann dabei wirklich nicht verloren gehen. Als ich die Holzplanken entlang gegangen war und den ersten Blick auf die Eismassen erhaschen konnte, waren mir Freudentränen gekommen:
Es war nichts los, bei zwei Kreuzfahrtschiffen im Ort und Hochsaison hatte ich mit viel mehr Besucher gerechnet. Hier eine Ausnahme, aber die Anzahl hielt sich trotzdem sehr in Grenzen:
Mittlerweile hatte ich mir nach vielen Schritten mein Bier verdient und trank dies auf der schönen Terrasse des Icefiord Hotels, bevor es wieder zurück zum Hotel ging. Abends gab es ein arktisches Buffet mit allen landestypischen Spezialitäten. Ich versuchte neugierig viel, aber das Rentier-Herz verweigerte ich.
Am nächsten Tag hatte ich (wie immer, wenn ich in der Stadt bin) eine Bootsfahrt zum Eisfjord gebucht. Andere Passagiere vom Boot erzählten stolz, dass sie am alltäglichen Leben eines Landes interessiert seien. Warum sie dann gerade die Touristenhochburg Ilulissat wählten, hatte sich mir nicht erschlossen. Zusammen mit der Hauptstadt Nuuk sah ich große Unterschiede zu meinen ersten Besuchen. Nur hier gibt es Wachstum, bei den Siedlungen gehen die Bevölkerungszahlen kontinuierlich zurück. Landesweit von 2015 auf 2016 um 137 Passanten, seit dem Jahr 2012 um 900. 31 % der Bewohner wohnen nun in Nuuk und auch der Tourismus (vor allen in Ilulissat) boomt, er stieg im letzten Jahr um zehn Prozent auf 68 000 Besucher.
Das war mir auch egal, ich betrachtete mir lieber die prachtvollen Eisberge entlang des Fjordes. Während normale Touristenattraktionen sich nicht verändern (der Eiffelturm sieht immer noch so aus, wie ich ihn als Teenager kenne) sieht es hier ständig anders aus, Eisberge drehen, kippen, kalben und bewegen sich schon beim Beobachten.
Ein paar Robben trieben ihre Spielchen nahe an unserem Boot, was wir natürlich zu einem kurzen Stopp nutzten. Die Tiere hatten Glück, dass wir keine Jäger waren. Die Inuit dürfen weiterhin im kleinen Rahmen Robben jagen und verkaufen, und das ist oft die einzige Einnahmequelle. Sie haben aber das Pech, dass Robben-Produkte niemand mehr kaufen will. Wir aber hatten Dussel, die so nahe so sehen, das kommt nicht oft vor, erzählte mir der deutsche Bootsführer:
Fortuna war uns weiter hold, zwei Wale begleiteten uns eine Weile. Der Kapitän war bemüht, uns so nahe wie möglich heranzubringen, was ihm auch recht gut gelungen war. Es ist trotzdem eine Glückssache, wenn sie untertauchten, kann man nicht nachvollziehen, in welche Richtung es geht:
Die Fahrt war wieder super gelungen und kann ich jedem empfehlen, der an der Arktis interessiert ist. Nach der Rückkehr hatte ich nicht mehr lange Zeit, denn mein Flug zu der weiter nördlich in Grönland gelegenen Siedlung Upernavik stand an. Im Hotel wurde es noch einmal albern, laut elektronischer Anzeigetafel sollte mein Transport zum Flughafen in fünf Minuten abgehen. Die Dame meinte aber, dass ihr interner Fahrplan gültig ist und der Bus bereits weg sei. Auf solche Spielchen hatte ich mich nicht ein eingelassen und forderte, dass er halt noch einmal zurückkommen soll, was dann auch erfolgte. Ein Ruhmesblatt war das für das Hotel beileibe nicht.
Ich war wie immer zu früh am Flughafen und lief noch etwas durch die schöne Umgebung:
bevor es in der ausgebuchten Dash der Air Greenland in den Norden von Grönland nach Upernavik ging. Es war wieder ein hervorragender Sightseeing-Flug und spätestens mit dem Blick auf die Insel Uummannaq (die ich zwei Jahre zuvor besucht hatte) war es wieder um mich geschehen. Mein Arktisfieber brach erneut aus, ist aber eine Krankheit, mit der ich gut leben kann.
Upernavik und Nuussuaq im Norden von Grönland
Nach der Landung in Upernavik im Norden von Grönland war ich erstaunt über die vielen Personen im kleinen Terminal. Es trafen sich die Passagiere sowie Zu- und Abbringer von zwei ausgebuchten Flügen. Meine Vermieter des gebuchten Hauses fanden mich trotzdem auf Anhieb (are you Zinni from Germany?) und brachten mich schnell zu meiner Unterkunft. Beim ersten Anblick hatte diese mich sofort in mein Herz geschlossen, mit der Lage, Stil und Ausblick:
Ein Hotel oder ein Restaurant gibt es nicht mehr im Ort. Da der hiesige Supermarkt und Kiosk bereits geschlossen hatte, bewiesen die Besitzer Herz und spendeten eine Portion Fisch, damit ich nicht am Hungern war. Dazu erfuhr ich noch, dass es eine Taverne im Ort gibt gab. Das zeigt wieder meine Erfahrung in Bezug auf Reiseführer oder schlaue Internet-Seiten über Grönland. Es wird viel abgeschrieben, ohne jemals dort gewesen zu sein.
Wer über den Ort schreibt, dass es ein Hotel gibt, hat von einem Antiquariat abgeschrieben, das ist schon lange zu. Wer schreibt, dass es kein Pub oder Restaurant gibt, weiß dies von einem, der vor unzähligen Jahren mal dort war. Doof in meinem Fall: die Taverne wurde leider am Sonntag vor meiner Anreise geschlossen. Schade für mich, aber gut für die Abschreiber, denn jetzt stimmt die Information wieder.
Das Haus war der Kracher, mit einer großzügigen Küche, vier Betten zum Aussuchen und Dusche. Nur an die Toilette nach grönländischer Art konnte ich mich wieder mal nicht gewöhnen, keine Details. Geschlafen hatte ich prima.
Als ich morgens aufwachte, war es leider etwas bewölkt, auf meiner Zinni-internen Wetter-Notenskala-für-Grönland eine Note Zwei. Wie es aber so ist, es kommt darauf an, wo man herkommt. Hatte man vorher nur Vieren, ist das toll, bei lauter Einsen aber etwas enttäuschend. Das ist natürlich jammern auf höchsten Niveau, denn der Ort hatte mir natürlich trotzdem super gefallen auf den ersten Eindruck, mit seinen vielen Eisbergen trotz Hochsommer:
Bevor ich Zeit hatte, mir den Ort Upernavik näher anzuschauen, stand mein Flug zur Gemeinde Nuussuaq an. Ich freute mich auf meinen bislang längsten Hubschrauberflug (fünfzig Minuten) und das gleich im Doppelpack. Wir waren nur sechs von neun möglichen Passagiere und ich konnte allein meine beiden Lieblingssitze mit der besten Aussicht bekommen. Der Pilot meinte augenzwinkernd, dass dies die Business-Klasse der Airline sei:
Der Flug war wunderschön und ich hatte keine Sekunde Langeweile. Der Blick auf die tolle See- und Landschaft mit Eisberge, Spiegelungen und Berge war gelungen und jeden Cent wert:
Mir fast zu schnell trotz fünfzig Minuten Flugzeit erreichten wir den kleinen Ort Nuussuaq mit seinen 200 Bewohnern. Der grönländische Name bedeutet große Halbinsel, was man von Bord aus auch gut sehen konnte:
Mein Herz schlug höher vor Freude, das war wirklich gelungen. Ein kleiner Wermutstropfen: Geplant sollten wir dreißig Minuten Aufenthalt im Ort haben, die reichen sollten, um kurz in den Ort zu gehen. Der Kapitän wollte aber umgehend nach der Entladung vom Gepäck und Fracht wieder zurückfliegen, was ich verstehen konnte. Er wollte mir dann zehn Minuten Zeit geben, um kurz in den Ort zu gehen, was ich ablehnte, das wäre mir dann doch zu viel Stress gewesen.
Zurück waren wir nur drei Passagiere und ich konnte mir wieder die Seite auf die schauen wollte aussuchen. Zunächst wollte ich auf den gleichen Sitz, um auf das Meer zu blicken, aber ich wurde von der Crew umgestimmt, das wäre zu langweilig. Sie hätten in zehn Jahren erst einmal Wale vom Flug aus gesehen und die Chance wäre sehr gering. So saß ich wieder Richtung Land und schaute mir noch einmal das schöne Szenarium an.
Das Ereignis war am Vormittag und den Rest des Tages verbrachte ich den Ort zu erkunden. Eisbären lassen sich aufgrund der Lage dort selten sehen, ich habe keine Ahnung, wo der erlegt wurde:
Danach stattete ich dem Hafen einen Besuch ab, ich hoffte insgeheim einen Fischer zu treffen, der mich mit auf seinen Fang nimmt. Das hatte leider nicht geklappt.
Der Ort hatte mir hervorragend gefallen und war trotz seiner 1 150 Bewohner gar nicht so klein. Wie immer in Grönland haben die Häuser natürlich unterschiedliche Farben:
Upernavik gönnt sich sogar ein Freilichtmuseum, das nördlichste weltweit. Unschön: Es liegt fast direkt neben der örtlichen Müllkippe, mit dem entsprechenden Geruch. Das Hauptgebäude ist die im Jahr 1839 erbaute alte Kirche:
Da ich wie oft in Grönland der einzige Tourist im Ort war, wunderte ich mich über die großzügigen Öffnungszeiten, und dass es zwei Beschäftigte gibt. Einer davon zeigte mir die Gebäude und ließ mich wichtig erscheinen:
Es war aufschlussreich, aber auch nicht gerade der große Brüller. Interessanter fand ich den nahegelegenen Friedhof (die dort liegen, sollte die nahe gelegene Müllkippe nicht stören):
und die Kehrseite der Insel, wo keine Gebäude möglich sind:
Mir ging es sauwohl und ich genoss die klasse Landschaft:
blickte auf die Straße zum Flughafen und Eisberge:
und genoss das im Supermarkt gekaufte Bier auf meiner Terrasse:
Nach erneut gutem Schlaf und nicht ganz so tollen Wetter am nächsten Tag verabschiedete ich mich wehmütig von meiner geliebten Unterkunft:
und flog wieder zurück nach Ilulissat:
Trotz der Begrenzung, weil es eine Insel ist mit eingeschränkter Bewegung fand ich den Ort super und typisch Grönland. Wochenlang würde ich es dort nicht aushalten und ob ich jemals dort wieder hinkomme, weiß ich auch nicht, fand es aber gut diese Lokation ausgesucht zu haben.
Ilulissat und Ilimanaq
Ich war am Abend in Ilulissat angekommen und erlebte sofort die Unflexibilität des gebuchten Icefiord Hotel. Es gab ein arktisches Buffet, wo Teile bereits abgeräumt wurden. Das war mir der Preis nicht wert und ich wollte nur eine Suppe oder Ähnliches, gerne auch vom Buffet, damit die Küche keinen Aufwand hatte. Das wurde abgelehnt, ich sollte in die Stadt gehen, was ich auch machte. Leider waren um die Zeit aber alle Restaurants bereits geschlossen, Pech gehabt und ging hungrig ins Bett.
Von solchen Nebensachen ließ ich mir natürlich die Freude nicht nehmen und wurde am nächsten Morgen zu einer Bootsfahrt zur Gemeinde Ilimanaq (dänisch Claushavn) abgeholt, grönländisches Neuland für mich. Die Siedlung liegt südlich von Ilulissat am Eisfjord entlang, was wieder für spannende Eisberg-Erlebnisse sorgen sollte. Das war es auch wieder, das Wetter spielte mit und wir sahen einen Eisberggiganten (bis zu achtzig Meter hoch) nach dem anderen:
Bei den grandiosen Anblicken stahl ich den Ausspruch des Polar-Forschers Knud Rasmussen und wandelte ihn etwas um: „Zeigt mir Eisberge und gebt mir einen Fotoapparat, den Rest könnt ihr behalten, Zinni 19. August 2016“. Ich befürchte aber, dass meine Abwandlung nicht in die Geschichte eingeht wie der Ursprungssatz.
Kurz vor dem Absterben der letzten Körperteilen, den es war bitterkalt und das Boot hatte zu wenig Plätze innen:
erreichten wir Ilimanaq mit eine Bevölkerungszahl von 100 Personen. Die kleine Gemeinde liegt idyllisch am Rande des Eisfjords und ist sehr übersichtlich. Sie ist eine der ältesten dänischen Siedlungen in Grönland. Ein kleiner Supermarkt versorgt die Bewohner mit dem Notwendigsten, für den Rest muss man nach Ilulissat. So sympathisch der Eindruck war, mir ist sie als ein Vorzeigeplatz für Touristen vorgekommen und eher Disneyland als das wirkliche Grönland. Das störte mich nicht weiter und ich sah mir die tollen Gebäude an:
Zeit war genug, da ich im Gegensatz zu den anderen Gästen kein typisch grönländisches Essen gewählt und mir lieber die Gegend angeschaut hatte.
Zurück ging es natürlich wieder den Icefjord entlang, erneut mit den gewohnten Szenarien:
Das machte Hunger und erneut wurde ich vom Restaurant des Hotels enttäuscht. Mitreisende der Tour und ich wollten dort essen, jedoch wurden wir mit einem strengen Ton abgewiesen, weil wir nicht einen Tag vorher einen Tisch bestellt hatten. Das war vielleicht sogar unser Glück, denn danach besuchten wir das Café Inuit. Inhaber ist der deutsche Schiffsführer meiner ersten Eisfjord-Tour. Meine arktische Krabbe war wunderbar und ein schöner Essens-Abschluss in Grönland:
Damit war leider mein Programm in Grönland beendet. Am nächsten Morgen ging es von Ilulissat nach Kangerlussuaq, dem Drehkreuz der Air Greenland und weiter nach Kopenhagen mit einem Airbus A330. Dort hatte ich wieder, wie im Vorjahr Glück, beim Einchecken hatte ich außer meinem reservierten Fensterplatz nur wenige freie Sitze in der Mitte gesehen. Beim Einsteigen waren auch diese fast alle belegt, nur mein Nebenpassagier erschien nicht und ich hatte auf dem 4 1/2 Stunden Flug zwei Sitze für mich. Der erneut gute Service und die schönen Blicke auf Grönland ließen die Zeit schnell herumgehen, Air Greenland ist meine Lieblingsairline derzeit.
Die Heimreise und das Fazit
Leider gab es wegen des Zeitunterschiedes und der späten Ankunft der Air Greenland keinen Anschluss am selben Tag nach Frankfurt. Ich übernachtete wie üblich im Hilton am Flughafen, das per Fuß zu erreichen ist. Gottlob haben die länger Essen als in Grönland und ich konnte an der Bar noch einen Hamburger bekommen (mit der stattlichen Rechnung von siebzig Euro für das Essen, drei Bier und zwei Akvavit).
Es gab etwas Langweiliges im Fernsehen und ich bat die Bedienung auf das Fußballendspiel der Olympischen Spiele Deutschland-Brasilien umzuschalten, was auch gemacht wurde. Beim 1:1 war ich der Einzige von den fünfzig Gästen, der jubelte. Danach meldete sich mein Nachbar und teilte mir mit, dass er Brasilianer ist. Das war aber kein Problem, selbst das 7:1 hatte er mir nicht böse genommen. Um nicht arm zu werden, sah ich die Verlängerung im Hotelzimmer.
Der nächste Morgen war Reisealltag mit dem Lufthansa-Flug nach Frankfurt. Eine wunderschöne Reise war vorbei, mit unvergesslichen Eindrücken. Ich hoffe nach diesem Reisebericht und den Bildern Interesse für das großartige Land geweckt zu haben. Wenn nicht, befürchte ich, dass diese Person niemals Fan von Grönland wird.
Für mich selbst wird es langsam eng. Ich möchte, wenn ich noch einmal hinkomme, etwas Neues sehen, aber diese Ziele sind schlecht zu erreichen oder uninteressant für mich. Die Alternative ist eine andere Jahreszeit, nicht nur in diesem Urlaub schwärmten die Einheimischen vom April. Dann wird es wieder hell und der Schnee liegt noch. Nordlichter und Hundeschlittenfahrten hören sich ja erst einmal gut an. Mal sehen, ich werde berichten.
Arktische Grüße von Gerald