Inhaltsverzeichnis
Reisebericht: Mit der MS Casanova in Deutschland unterwegs
Nahe weg: Die Neckar, Rhein, Mosel und Saar in Deutschland mit der MS Casanova entdecken
Stuttgart – Ludwigsburg mit der MS Casanova: Von schlechten Currywürsten, gutem Steinbutt und freundlichen Elfen
Die Planung
Meine Mutter plante schon lange eine Neckar-Kreuzfahrt. Nachdem ich eine Reise von Stuttgart nach Saarbrücken mit der MS Casanova durch den Südwesten von Deutschland von der Reederei Nicko Cruises gefunden hatte, und damals dabei war Europa wiederzuentdecken, freute ich mich sie zu begleiten. Wir reservierten die Reise zusammen mit einer Freundin von ihr. Außer auf dem Neckar ging es noch auf Rhein, Mosel und Saar, die Nahe ist nahe und sichtbar auf der Route, war aber nicht im Programm.
Ich starte ungern eine Kreuzfahrt direkt am Abfahrtstag, und reise lieber am Vortag an. Meine Damen musste ich nicht groß überreden zum Mitmachen. Wir buchten eine Nacht in dem Hotel Weinsteige in Stuttgart, sowie ein Tisch im Gourmet-Restaurant im gleichen Haus, das mit 14 Punkten bei Gault Millau gelistet ist. Als An- und Abreise wählten wir die Bahn.
Stuttgart
Monate gingen in das Land, bis ich endlich den erwähnten Feierabend hatte. Die Bahnfahrt von Mainz nach Stuttgart war fast problemlos. Es wurden zehn Minuten Verspätung angekündigt, auch per SMS. Wir gingen zum Glück trotzdem an die Gleise, und der Zug war pünktlich. Ich möchte nicht wissen, wie viel Passagiere den Zug durch die falschen Ansagen verpasst hatten, und unwissentlich in Ruhe ihren Kaffee tranken. Nach der Ankunft in Stuttgart erwartete uns eine riesige Baustelle, Stuttgart 21 lässt grüßen.
Zoo
Wir fuhren direkt zu der Wilhelma, dem Zoo von Stuttgart. Das wurde vorweggenommen der einzige Flop der Reise. Wo in anderen Städten die Gesamtanlage nicht größer ist, lungern dort drei Kängurus in einem riesigen Gehege herum. Die zwei Orang-Utans wirkten stumpfsinnig, und auch der Rest der Tiere konnte uns nicht begeistern, wenn man denn welche gefunden hatte. Der Star der Tiere war ein Vogel namens Kaka bei den Kindern, ich befürchte mehr wegen des Namens als dem Aussehen.
Leider fielen wir auf den Marketing-Gag herein, dass das Zoo-Restaurant in Deutschland das einzige mit der Schmeckt den Süden Auszeichnung wäre. Keine Ahnung, wo man diesen Preis kaufen kann, das war mein schlechtester Gaststättenbesuch seit Jahrzehnten, und ich gehe fast täglich aus. Konzeptlos und die Currywürste nicht essbar, ich möchte nicht weiter auf die traurige Leistung darauf eingehen. Ich bin stolz auf unsere Kantine, die ist um Klassen besser, und eine Sterneküche gegenüber dem, was dort geboten wurde.
Hotel
Nach der Fahrt zum Hotel stellten wir fest, dass wir nicht in einer idyllischen Lage waren, sondern an einer Hauptverkehrsstraße der Stadt mit viel Verkehr inklusive Straßenbahn. Da die Zimmer gut schallisoliert waren, und im Restaurant davon nichts zu hören war, störte das nicht weiter. Bei einem Getränk auf der Terrasse des Hauses warf ich einen Blick in ein Bassin, und sah etliche Kois. Unbewusst waren wir im Haus des Weltmeisters von prämierten Show-Kois gelandet. Die Fische konnten in mehreren Becken angeschaut werden, was uns viel Freude bereitete:
Gut gelaunt durch dieses unerwartete Schauspiel freuten wir uns auf das Abendessen. Nach einem Koi als Gang zu fragen, wagte ich mich nicht. Kompliziert wurde es bei der oft prämierten Weinkarte, die über eintausend Positionen enthält. Da ich den Überblick verlor, fragte ich den souveränen Leiter des Services-Bereiches, er hatte mich gut beraten, der lokale Wein schmeckte.
Ausgewählt hatte ich:
- Pfifferlingstatar im Strudelteig, Kaffee-Öl, Schalottencrème, Wachtel-Ei im Kräutermantel
- Consommé von frischen Pfifferlingen, Meerrettich-Ochsenschwanz, Kartoffelstroh
- Bretonischer Steinbutt, Paprika-Nudelblatt, panierter grüner Spargel, Kokos-Chilischaum
- Guaven-Erdbeerparfait, Baumkuchenmantel, gebackene Erdbeere, Guavenperlen
Ein Gericht war gelungener wie das andere. Eine krönende Spirituosen-Probe beendete den schönen Abend. Wir waren froh, dieses Hotel und Restaurant ausgewählt zu haben. Es passte alles, das tadellos geführte Haus war in allen Bereichen picobello sauber, die Zimmer sind mit allem, was man benötigt ausgestattet, und das Frühstück reichhaltig mit guten Produkten.
Da wir erst nachmittags auf das Schiff konnten, unternahmen wir eine City-Tour in einem Doppeldeckerbus. Da meine Damen nicht gut zu Fuß sind, stieg ich nur einmal aus, um während einer kurzen Fahrer-Pause ein Foto vom Daimler-Benz Museum zu machen:
Spektakulär war das nicht, trotzdem ging die Zeit dadurch schnell herum. Nach einem schwäbischen Mittagessen (natürlich Maultaschen) im Carls Brauhaus fuhren wir zum Kreuzfahrt-Schiff. Nach den üblichen Eingewöhnungsphase, und Unruhe inklusive Sicherheits-Einweisungen, beruhigte sich wie gewohnt die Situation, und wir freuten uns auf die nächsten Tage.
Ludwigsburg in Deutschland
Abendlich in Ludwigsburg angekommen bestaunten wir den Himmel:
Da der Rest der Passagiere nach der langen Anreise müde war, beschloss ich allein nach draußen zu gehen. Unerwartet hatte ich bereits den Höhepunkt der Reise. In dem schönen Biergarten Uferstüble spielte die Gruppe Friendly Elf Livemusik, und das war der Hammer. Eine ultracoole Musik, gut gelaunte Personen, eine sensationelle Stimmung, das war Nachtleben vom feinsten. Schade. dass wegen der Anwohner um elf Uhr Feierabend war. Ich hätte die ganze Nacht dort ausgehalten.
Ludwigsburg – Lauffen: Königliches Ludwigsburg, Lauffen ohne Laufen, und Kopf einziehen bei der MS Casanova
Ludwigsburg
Die Innenräume von dem im Barockstil errichtete Residenzschloss in Ludwigsburg sind nur im Rahmen einer Führung zu besichtigen. Dazu hatte ich keine Lust. Da ich noch nie dort war, lief ich trotzdem dorthin, um mir die Anlage von außen anzusehen, und einen Blick auf die Parkanlagen zu werfen, hier Blühende Barock genannt. Das Gebäude ist in der Tat sehenswert. Es war nicht viel los, und ich konnte mir in aller Ruhe das Schloss anschauen.
Im Sommer 2017 präsentiert der Blühende-Barock-Garten riesige Skulpturen aus Sand, etwa die Front des Ludwigsburger Schlosses:
Nach der aufwendigen Erstellung werden die fertigen Skulpturen mit einem speziellen Klebstoff eingesprüht, damit sie dem Wind und Wetter trotzen. Wie lange in der Realität die Kunstwerke halten hatte ich nicht erfahren, auch nicht, ob sie dem nächsten Regen standhalten:
Die MS Casanova in Deutschland unterwegs
Nachmittags wurde der Neckar im Südwesten von Deutschland entlanggefahren, somit hatte ich die Möglichkeit mir die MS Casanova anzuschauen. Das Schiff ist circa 100 Meter lang, um die maximale Passagieranzahl von 96 Passagieren kümmern sich 24 Besatzungsmitglieder:
Die Reise war mit nur einer freien Kabine fast ausgebucht. Trotzdem gab es zu keiner Zeit eine nervige Drängelei bei den meist älteren Passagieren. Beim Flair der MS Casanova lässt sich der Vorbesitzer Peter Deilmann, der ehemalige Betreiber einer Reederei in Deutschland, nicht leugnen, der es im Jahr 2001 bauen ließ. Einiges ist verschnörkelt, es gibt verspielte Elemente und gedeckte Farben. Die Armaturen im Badezimmer sind in die Jahre gekommen, und der alte Röhrenfernseher gehört in das deutsche Museum. Gestört hatte das alles nicht, mein Zimmer war immer sauber, und ich konnte tief und fest schlafen.
Im Restaurant hatte ich selten so viel Platz auf einem Kreuzfahrt-Schiff wie hier. Das Frühstück war Selbstbedienung, wie auch der Salatgang zum Mittagessen, ansonsten wurde serviert. Zwei Personalabgänge aus unterschiedlichen Gründen in der Mitte unserer Reise (der Oberkellner und unsere Bedienung) waren ungewohnt für mich. Der Rest der tapferen Crew gab sein Bestes, und bis auch Kleinigkeiten wie fehlende Teller, Eierbecher oder andere Kleinigkeiten war der Service angemessen und fleißig.
Die Qualität der Speisen war keine Sterneküche wie am Tag zuvor, das hatten wir aber auch nicht erwartet. Die Suppen waren meist pikant, und eine Rinderroulade erwies sich als sehr zart. Beim Gala-Abendessen glänzte die Küche mit Gänseleberterrine, Garnelen und Roastbeef, und natürlich mit abschließender Eisparade. Auch weil wir ein nettes Ehepaar am Tisch hatten, freuten wir uns jedes Mal auf einen Restaurant-Besuch.
Oft stürmten wir zielgerecht den Salon für einen Cocktail. Nettes Personal umsorgte uns, und einen Platz fanden wir immer:
Wie auch auf dem großzügigen Sonnendeck:
Nur Kopf einziehen war manchmal sehr zu empfehlen:
Die Neckar in Deutschland
Die Nachmittagsfahrt machte Spaß, wir sahen uns einige der steilsten Weinberge von Deutschlands an:
und genossen die abendliche Stimmung:
Die MS Casanova lag in Lauffen weit draußen vor der Stadt, die Zeit für den Lauf nach Lauffen lohnte sich nicht für einen Besuch. Ich denke nicht, dass ich viel verpasst hatte.
Bad Wimpfen – Eberbach mit der MS Casanova: Über Türme, Turnschuhe, Täler und Traditionen in Deutschland
Bad Wimpfen ist eine Kurstadt im Landkreis Heilbronn in Baden-Württemberg. Das war nicht immer so, zwischen Hessen und Baden-Württemberg wurde gezankt, zu wem die hübsche Stadt gehört. 1975 ging als letzte die Zuständigkeit für die Brandschadensversicherung von der Hessischen Brandversicherungskammer auf die Gebäudeversicherungsanstalt Karlsruhe über, und in der katholischen Kirche gehört die Stadt aufgrund ihrer hessischen Vergangenheit noch heute als Exklave zum Gebiet des Bistums Mainz, das zu Rheinland-Pfalz gehört.
Genug des Streites, mir war das Bundesland egal, wo ich war. Kureinrichtungen gibt es überraschend viele dort, sowie etliche Bau- und Kunstdenkmäler aus zwei Jahrtausenden. Die historische Altstadt ist denkmalgeschützt. Dazu gehört auch das Wahrzeichen der Stadt, der 58 Meter hohe Blaue Turm, der als westlicher Bergfried errichtet wurde, und bis ins frühe 20. Jahrhundert als Wachturm diente. Ihn zu ignorieren ist unmöglich, fast bei allen Blicken hat man ihn im Visier:
Da ich Dappes (hessisch, Tollpatsch) aus Versehen meine Turnschuhe für die täglichen Wanderungen vergessen hatte, suchte ich ein Geschäft. Das war einfach, das hiesige Schuhhaus Leopold war leicht zu finden. Die Auskunft Das ist bei uns wenig gefragt war zuerst ernüchternd. Anscheinend sind im Ort lauter feine Leute ohne Bewegungszwang, aber das angebotene Modell passte und wurde gekauft. Es ergab sich mit der sympathischen Verkäuferin ein interessantes Gespräch, die mir gewaltig mehr Informationen über die Stadt gab wie vorher bei der etwas wortkargen Touristen-Information. Vielen Dank dafür!
Da ich männlich bin, war ich nicht auf einer Shopping-Tour unterwegs, und sah mir lieber die schönen alten Fachwerkhäuser der historischen Stadt in alemannischer und fränkischer Bauweise an:
Abgerundet wurde das Ganze mit einem leckeren lokalen Bier in einem netten Gasthaus. Die Stadt fand ich klasse, das war Reisen abseits der üblichen touristischen Highways. Den traditionellen Weihnachtsmarkt konnte ich aus jahreszeitlichen Gründen nicht sehen, ich werde es (hoffentlich) verkraften. Ich bitte auch die Bevölkerung von Wimpfen am Berg um Verständnis, dass ich aus Faulheit nur Wimpfen im Tal besucht hatte. Ob ich dadurch etwas verpasst habe, weiß ich nicht.
Burg Zwingenberg
Der Nachmittag wurde beschaulich der Neckar entlanggefahren, und zuerst die Burg Zwingenberg bestaunt:
Später wurden in den Neckar-Tälern tolle Spiegelungen bewundert, bevor wir die Stadt Eberbach erreichten:
Eberbach
Eberbach liegt im Naturpark Neckartal-Odenwald und an der romantischen Burgenstraße, und grenzt im Norden an der Grenze zu Hessen. Ich gebe das Attribut nett, ohne eine Welle der Begeisterung anzustoßen. Auffallend war wieder ein Turm:
der aus dem 13. Jahrhundert stammt. Ansonsten wirkte für mich die Innenstadt etwas bieder und brav:
bis auf die schicken Gasthäuser, die ich aus zeitlichen Gründen leider nicht besucht werden konnten:
Heidelberg: Luxus, Prunk und Bildung in der Residenzstadt in Deutschland
Neckarsteinach
Den Morgen genossen wir in Ruhe mit Neckar-Beobachtungen. Etliche Schleusen lagen auf dem Weg. Wie diese:
Bevor wir an dem schönen Ort Neckarsteinach vorbeifuhren, im Kranz von vier Burgen gelegen:
mit weiteren idyllische Orte und Landschaften:
Heidelberg
Nach dem Mittagessen erreichten wir Heidelberg, mit zuerst einem Blick, wo die armen Leute dort leben.
Tennisstar Steffi Graf wohnte viele Jahre zur Miete in so einer Villa mit Blick auf das Schloss:
Mit meinen bescheidenen Mitteln lief ich in die Innenstadt:
Schloss
Nun ging es zum Schloss, die Bergbahn war mir zu teuer. Nein, natürlich nicht, aber die Schlangen an der Kasse wollte ich mir nicht antun. Es war nicht mein erster Besuch dort, aber trotzdem immer wieder interessant. Nicht nur die Ruinen sind nett anzusehen:
sondern auch der schöne Ausblick auf die Stadt:
und dem bereits erwähnten Viertel:
Auf dem Weg zurück zur MS Casanova beschloss ich mich spontan zu bilden, à la Bildungsurlaub in Deutschland, und kehrte in die Kulturbrauerei ein. Diese war mir schon auf dem Hinweg aufgefallen, abseits der Touristenströme, mit einem gemütlichen Biergarten in einem lauschigen Innenhof. Sympathische Tischnachbarn machten den Nachmittag zur Freude, ich hätte endlos dort sitzen können.
Da das Schiff vermutlich aber nicht auf mich gewartet hätte, machte ich mich auf den Rückweg. Am Abend hatten wir einen sensationellen Sonnenuntergang bei der Schleuse in Feudenheim. Schade das ich zu faul war keine Zeit hatte die Spiegelreflexkamera zu holen, und nur Handy-Bilder anbieten kann:
Mainz – Bingen mit der MS Casanova: Beten in Mainz, Bangen um Koblenz und Burgen in Bingen
Mainz
Ich wohne fünf Kilometer entfernt von Mainz, und war dementsprechend schon ungezählte Male dort. Bewohner aus Hochheim zieht es nach Mainz, und nicht nach Wiesbaden oder gar Frankfurt, die Gründe sind vielzählig. Nicht nur beim Fußball kann ich es verstehen. Nur auf der MS Casanova bleiben wollte ich den Vormittag über nicht, so bewegte ich mich Richtung Innenstadt in die Fastnacht-Hochburg in Deutschland. Erst einmal mit einem Blick auf den Vorort Kostheim und der Theodor-Heuss Brücke, mit Karibik-Stimmung:
Da ich keinen Beach-Urlaub gebucht hatte mit all-inclusive, ging es direkt zum Rathaus.
Rathaus
Dom
Ich lief zum Dom, der schnell erreicht wurde, und in dem ich seit Urzeiten nicht mehr drin war:
Das Kirchenhaus hat eine bewegende Vergangenheit, Details würden den Bericht sprengen. Es fanden mehrere Königskrönungen statt, der von Mallorca war meines Wissens nicht dabei. Unwahrscheinlich lange und ausgiebig hielt ich mich nicht auf, aber ich war froh wieder mal dort gewesen zu sein.
Ich warf noch einen Blick auf den schönen Marktplatz, die Lieblingskinos meiner Jugend in diesen Gebäuden sind leider Legende:
Nach dem kurzen Ausflug mit vielen Erinnerungen verließen wir die Stadt mit Blick auf das Kurfürstliche Schloss. Viele werden es nur von innen kennen, hier werden die Fernseh-Sitzungen der Mainzer Fastnacht veranstaltet:
Anschließend ging es zum Nachbar gegenüber, dem Biebricher Schloss, die barocke Residenz der Fürsten und späteren Herzöge von Nassau:
Rhein
Der Tag war voller Rückblicke. Ein paar Wochen vorher war ich mit meinem reizenden Patenkind als Geburtstagsgeschenk auf einer Burgen-Tour im Mittelrhein. Nun sollte ich eine wenige Zeit später erneut die Landschaften und Burgen sehen, die wir zuvor besichtigt hatten, zumindest nach Plan und Programm. Es fing gut an, mit Blick auf die Stadt Eltville und seiner Burg:
und das Niederwalddenkmal:
Burg Ehrenfels
Bei der Burg Ehrenfels war unerwartet Schluss mit lustig:
Bingen
Das Schiff wendete und legte unplanmäßig in Bingen an. Ein Tankschiff hatte 1 710 Tonnen Natronlauge geladen, und fuhr sich zwischen Sankt Goar und Oberwesel auf dem sogenannten Geisenrücken fest. Rund 25 Schiffe konnten wegen der Bergung des Frachters nicht weiterfahren, darunter auch wir. Somit war der geplante Aufenthalt in Koblenz erst einmal gestrichen. Es wurde nichts mit meinem geplanten Besuch vom deutschen Eck, es gibt aber auch weitaus schlimmeres. Da wir Tätigkeitslos waren, durften wir die MS Casanova in Bingen verlassen. Unvorbereitet lief ich zur Touristen-Information, um dort den Ratschlag zu bekommen, die Burg Klopp zu besuchen.
Burg Klopp
Sie ist Teil des UNESCO-Welterbes Oberes Mittelrheintal. Eine Besichtigung ist nur von außen möglich, in den Räumen ist die Stadtverwaltung von Bingen untergebracht. Der Turm ist zu besteigen, und bot eine herrliche Aussicht auf den Rhein.
Ich war der einzige Besucher dort, außen diesem Hobbyfotografen mit seiner Gruppe (Originell!):
Da die Burg auf einer Anhöhe liegt, und der Turm nicht stufenlos ist, hatte ich Durst, den ich im Paulaner Biergarten löschen wollte. Das gelang nicht ganz, wenn die Gläser bei Hitze stundenlang in der Sonne liegen, heizen sie auf, auch wenn das eingeschenkte Bier kalt ist, wird es schnell warm. Vielleicht gut für den Magen, mir schmeckt das nicht.
Langsam wurde es Zeit wieder zurück auf unser Schiff zu gehen, denn der Tanker war mittlerweile umgepumpt und in den Loreleyhafen geschleppt. An Bord konnte ich an der Brücke die Freigabe mitbekommen, die Hafenleitung bat alle Kapitäne um gegenseitige Rücksicht und Geduld. Eines nach dem anderen betroffenen Schiffe wendete und machte sich auf den Weg Rhein-Abwärts. Es sah chaotisch aus, aber auf der Autobahn erlebe ich täglich hektischere Manöver:
Burg Reichenstein
Nun konnten wir endlich die Burg Reichenstein sehen, die ich Tage zuvor noch von innen besichtigte:
Der Tag war vom Programm her, von dem ich am wenigsten erwartet hatte. Koblenz und Mainz waren nichts Neues für mich, und das Rheintal mit seinen Burgen kannte ich auch. Es war trotz hoher Temperatur und warmen Bier ein cooler Tag, einen Stau mit Schiffen habe ich nicht jeden Tag. Oder wie Andi Möller es ausdrücken würde: Koblenz oder Bingen – Hauptsache Mosel!
Bernkastel-Kues mit der MS Casanova: Viel Mosel, eine große Brücke, ungezählte Weinberge und wenig Stadt in Deutschland
Mosel
Dieser Tag gehörte dem Mosel-Sightseeing. Wir fuhren vom frühen Morgen bis zum Nachmittag den Fluss entlang, ohne einen Stopp einzulegen. Das tat auch einmal gut, und zu sehen gab es genug. Romantische Weinberge wechselten sich mit Winzerstädten ab. Dass Wein ein wichtiger Wirtschaftszweig der Region ist, war unübersehbar. Jeder Ort hat seinen besonderen Reiz, ich hätte mir gerne den einen oder anderen angeschaut:
Ich befürchte die oft fast senkrecht wirkende Hänge vieler Weinberge nur manuell bearbeitet und gelesen werden können, eine Freude kann das nicht machen:
Schleusen gab es auf unserer Reise genug, und führten oft zu unfreiwilligen Wartezeiten. Da wir an Bord verwöhnt wurden, war das leicht zu ertragen:
Hochmoselbrücke
Ein spektakuläres Projekt sahen wir im nächsten Abschnitt, die riesige Hochmoselbrücke. Sie gilt als größter Brückenbau in Europa, und soll in 160 Metern Höhe das Mosel-Tal überqueren. Die Brücke droht zum finanziellen Fiasko zu werden, der Flughafen Berlin lässt grüßen. Gigantisch und von Weitem zu sehen, aber dass das Landschaftsbild dadurch zerstört wird, erkennt man auch schnell. Es gibt schöneres …:
Später wurde es zum Glück wieder idyllischer, und weiterer Gigantismus wurde nicht mehr gesehen. Liebliche Weinberge wechselten sich wieder mit kleinen Orten, Kirchen und Höfen ab:
Bernkastel-Kues
Am Nachmittag wurde Bernkastel-Kues erreicht. Ich war froh, wie wir dort angelegt hatten, um herauszugehen und etwas Bewegung zu haben. Ich hatte mir nicht viel Gedanken vorher gemacht, was ich dort mir anschauen wollte, ich dachte, der Ort wäre ein Selbstläufer. Von Weitem sah es noch schön aus, ich war aber genervt nach einigen Minuten. Horden von Touristen überrannten die Stadt, dagegen ist die Drosselgasse in Rüdesheim eine Stille der Ruhe. Ein Besuch an einem Sommertag in den Mittags-Stunden ist dort nur sehr eingeschränkt zu empfehlen.
Zurück auf die MS Casanova wollte ich nicht, durch den Rummel à la Kirmes in Deutschland laufen aber auch nicht. Ich sah ein Hinweisschild Burg Landshut, und das wurde meine Rettung. Eine Wanderung in dreißig Minuten mit Steigerungen wollte sich fast kein anderer der vielen Besucher antun, ich lief fast allein den Weg. Die Burg wurde im 13. Jahrhundert auf den Fundamenten einer römischen Kastells gebaut. Dass das Innere der Ruine nicht besichtigt werden konnte, machte nichts:
denn der weite Blick auf die Stadt und Fluss entschädigte für die Mühen, und ließen den Zirkus vor Ort vergessen:
Wieder zurück ging ich direkt in den viel ruhigeren Stadtteil Kues, um im Bahnhof Cues – Das Brauhaus im dortigen Biergarten ein hervorragendes Bier zu trinken. Der Tipp vom Schiffspersonal lohnte sich. Als zurück auf der MS Casanova war und es dunkel wurde, gab wieder einen wunderschönen Himmel zu sehen gab, ein für Deutschland ungewöhnlicher. Damit war der Tag vollends gerettet:
Trier – Saarbrücken mit der MS Casanova: Ein Wein in Trier mit langer Geschichte
Trier
Bei diesem Tag geht es um Geschichte, kein Wunder in der ältesten Stadt von Deutschland mit seinen vielen römischen Baudenkmäler, die seit 1986 zum UNESCO-Welterbe zählen. Trier stand schon lange auf der Nummer Eins der Städte, die ich in Deutschland besuchen wollte, das hatte sich bislang nicht ergeben.
Dom
Mein erster Gang ging zum Dom, die älteste Bischofskirche von Deutschland:
und vom Bekanntheitsgrad her wahrscheinlich die gleiche Quote: Zur Porta Nigra, dem schwarzen Tor.
Porta Nigra
Zugegeben waren beide Besuche eher oberflächlich. Das änderte sich mit dem Besuch des Marktplatzes:
WPS
Ich sah einen Weinstand, der mich sehr an unseren in meiner Heimatstadt Hochheim erinnerte. Er zog mich magisch an, und trotz der frühen Stunde musste ich einen lokalen Moselwein probieren. Die Betreiber (die alle paar Tage wechseln) erwiesen sich als sehr sympathisch, und waren teilweise aus Stuttgart, dem Start meiner Route. So ergab es sich, dass wir interessante Gespräche geführt hatten. Ich kann das Weingut Werner Longen uneingeschränkt empfehlen, während ich diesen Bericht schreibe haben die ein Hoffest. Ich wäre lieber dort. Bei uns ein Weinstand WPS genannt (WeinProbierStand), das wurde von mir erwähnt. Mal schauen, ob dieser Begriff demnächst auch in Trier Umgangssprache wird, ich glaube es aber eher nicht.
Ich hätte stundenlang bleiben können, aus unvernünftigen Gründen und um später nicht Trier-Tra-Trullala zu singen, brach ich die Tour de Vin ab. Ich schaute mir noch die wichtigsten verbleibenden Sehenswürdigkeiten der Stadt an. Zuerst die etwas bieder wirkende Konstantinbasilika:
Kurfürstliche Palais
Im Gegensatz dazu das prunkvolle kurfürstliche Palais, einer der weltweit schönsten Rokoko-Paläste:
mit einer süßen Enten-Familie:
Amphitheater
Beendet wurde der Stadtbesuch mit dem Amphitheater, das einhundert nach Christus erbaut wurde, und ein Fassungsvermögen von 20 000 Zuschauer/-innen hatte. Es wurde bis Anfang des 5. Jahrhunderts genutzt. Später im Mittelalter wurde es als Steinbruch zweckentfremdet:
Trier liegt zwar an der Mosel, ist dem Fluss aber nur wenig zugewandt. Wer nur die Innenstadt besichtigt, sieht wenig davon.
Die Mosel in Deutschland
Nach ach dem Verlassen der Stadt:
durchfuhren wir die Mosel flussaufwärts, mit schönen wechselnden Landschaften:
bevor wir die Saar und den Ort Mettlach erreichten, mit einem Blick auf die ehemalige Benediktinerabtei, heute Unternehmenssitz von Villeroy & Boch:
Die Saarschleife wirkt wahrscheinlich nur beeindruckend von dem Aussichtspunkt aus, von der Saar aus bekommt man von dem Wahrzeichen des Saarlandes wenig mit. Ich konnte nur ahnen, wie atemberaubend angeblich die Sicht darauf ist:
Ein wunderschöner nächtlicher Himmel beendete die schöne Reise:
Rückreise
Am nächsten Morgen fuhren wir mit dem Zug von Saarbrücken in die Heimat. Die Kreuzfahrt hatte mir sehr viel Spaß gemacht, die Buchung habe ich nie bereut. Ich hatte viele neue Ortschaften in Deutschland besucht, und einiges neu entdeckt. Ich würde auch jederzeit wieder an Bord der MS Casanova gehen, auch außerhalb von Deutschland. Reisemüde bin ich noch lange nicht 🙂
Vielen Dank für das Lesen und liebe Grüße Gerald!