Inhaltsverzeichnis
Reisebericht: Mit der MS Lady Diletta durch die Niederlande
Reisen in (k)ein Risikogebiet im September 2020
Die Buchung und Anreise nach den Niederlanden
7. Oktober 2020:
Vor nicht notwendigen, touristischen Reisen in die Niederlande wird aufgrund hoher Infektionszahlen derzeit gewarnt
Auswärtiges Amt
Zwei Monate zuvor:
Im Jahr 2020 lief es bislang wie gewohnt: Die Bayern wurden Meister, es regnete zu wenig, und Zinni ging auf Reisen, wenn auch anderes als sonst. Da Fliegen zu dieser Zeit nicht in Frage für mich gekommen war, buchte ich die siebte Kreuzfahrt im Jahr 2020. Auf der Suche nach immer was Neuem fand ich eine Flussreise mit der MS Lady Diletta durch die Niederlande und vielen unbekannten Zielen in diesen Regionen. Ich freute mich, als die Reise Mitte August bestätigt wurde.
Das Schiff hatte ich auf der Mosel auf meiner Reise:
ein paar Wochen zuvor gesehen:
und wurde erst am 24. Juni 2020 getauft.
Ende August 2020 ging es los. Ich war zum Zug gekommen, im Gegensatz zur deutschen Nationalmannschaft, die eine solche kurze Strecke lieber fliegt. Nachdem ich in Mainz im Intercity meinen Platz nach Düsseldorf eingenommen hatte, nutzte ich den Komfort-Check-in. Trotzdem wollte später der Bahnmitarbeiter mein Ticket sehen. Mein Hinweis, dass ich Online eingecheckt hatte, wurde mit Vor ein paar Minuten noch nicht beantwortet. Da war ich aber noch nicht im Großraumwagen. Der Spruch hätte mich aus der Bahn werfen können, hatte es aber nicht.
Wir hatten Verspätung wegen eines Zuges, der vor uns fuhr. Die Bahn hat viele Vorzüge … In Koblenz wurde es warm im Abteil. Neu zugestiegene Passagiere fragten mich, ob dies die ganze Zeit so gewesen war, was ich verneinte. Später entschuldigte sich ein Mitarbeiter, ein Schelm hatte im Hochsommer die Heizung auf die volle Stellung geschaltet, obwohl der Zugriff geschützt ist. Das war aber alles harmlos, ich erreichte entspannt Düsseldorf.
Düsseldorf und die MS Lady Diletta auf dem Weg zu den Niederlanden
Gut, dass ich einen Brausparvertrag abgeschlossen hatte, den ich erneut bei der Brauerei Schumacher in der Düsseldorfer Innenstadt auslösen ließ:
Mit hatte es dort wieder gefallen, und der Kellner Stephan ist klasse. Ich bat die Brauerei-Leitung via E-Mail um eine Beförderung von ihm. Ich würde es ihm gönnen.
Die MS Lady Diletta lag wieder in Düsseldorf-Süd, wie bei allen meinen Kreuzfahrten derzeit ab dort. In der Nähe der Altstadt möchte in Corona Zeiten wohl niemand an- und ablegen, warum auch immer:
Die Kabine der MS Lady Diletta während der Kreuzfahrt durch die Niederlande
Ich hatte beim Einchecken natürlich nach einem Doppelpack auf den letzten beiden Reisen nicht erneut mit einem Upgrade gerechnet, aber dass ich erstmalig bei meinen fünfzig Kreuzfahrten eine richtige Einzelkabine bekommen würde, hatte ich auch nicht erwartet:
Eine Person sagte zu mir: Die Kabine sieht ja aus wie im Knast. Den Eindruck hatte ich nicht, mir hatte sie ausgereicht. Ich hatte alles, was ich benötige. Dass kein Champagner aus den Wasserhähnen geschossen kam, konnte ich verschmerzen.
Das Restaurant
Beim Blick auf die Speisekarte für das erste Abendessen an Bord sah ich, dass Tilapia angeboten wurde. Ob dieser umstrittene Billig-Fisch passend zu einem Kreuzfahrtschiff ist, bezweifle ich und hoffte auf einen Ausrutscher, zumal der Rest des Menüs Appetit darauf erweckte:
Ich sah mir das schicke Restaurant und meinen zugewiesenen Sitzplatz an:
und ahnte da noch nicht, dass ich dort nicht nur schöne Stunden verbringen würde.
Mir war nicht nur die Kreuzfahrtdirektorin von meiner Reise mit der MS Hamburg in letzten Jahr in die Karibik mit Plantours bekannt vorgekommen. Da dieses Hochsee-Schiff derzeit an der Leine liegt, waren einige von der Crew bei der MS Hamburg im Dienst. Ich freute mich, ich fühlte mich damals in guten Händen.
Die MS Lady Diletta Richtung Niederlande
Die MS Lady Diletta fuhr los in Richtung Niederlande, zuerst mit Blicken auf hässliche Industrie-Anlagen:
aber auch schöner Natur:
Ich erwähnte bei einer angebotenen Sprechstunde dem Oberkellner meine Unverträglichkeit von Knoblauch, Bärlauch und Trüffelöl. Das erweckte bei mir leider nicht den Eindruck, dass er daran groß interessiert war. Ich sollte das meinem Kellner am Tisch sagen. Das tat ich, nahm im Restaurant meinen Platz ein, und gab Bescheid. Ich hatte zusammen mit einem weiteren Alleinreisenden an einem Tisch gesessen. Was uns als erstes Abendessen serviert wurde, waren wir beide der Meinung, dass der Pfiff fehlte, und fanden es eher fade als pikant angemacht. Satt wurde ich natürlich trotzdem, dazu benötige ich nicht viel.
Am nächsten Morgen erreichten wir Amsterdam, die Hauptstadt der Niederlande, aber nicht der Regierungssitz des Landes.
Amsterdam / Niederlande mit der MS Lady Diletta
Heineken Experience
Wir hatten dort den ganzen Tag lang Aufenthalt, aber stundenlang durch die Großstadt laufen hatte ich in Coronazeiten keine große Lust. Ich buchte ein Zeitfenster in der Heineken Experience, eine Attraktion in der ersten Heineken-Brauerei, die im Stadtzentrum liegt. Nicht unmittelbar bei der MS Lady Diletta, ich lief erst einige Zeit durch die Straßen von Amsterdam und den vielen für die Niederlande typischen Grachten:
Mühelos erreichte ich die ehemalige Brauerei. 1988 wurde sie geschlossen, weil sie zu klein wurde:
Kein Mensch trug eine Maske, weder die Besucher noch das Personal. Das sollte in den Niederlanden während meiner kompletten Reise so bleiben, egal in welcher Lokalität.
Es gibt drei Teile bei der Besichtigung der Brauerei: Der erste ist der informative, der trotzdem nicht zu trocken, steif und/oder langweilig wirkte:
Der Bier-Vergnügungspark wurde anscheinend von Menschen entworfen, die selbst zu viel Heineken intus hatten. Einige Teile wirkten irritierend, auch weil die Zuschauer/-innen gebeten wurden, sich wie Bierflaschen zu fühlen. War trotzdem cool.
Im Schankraum durfte das Bier probiert werden. Zum Getränkeangebot des Konzerns gehören mehr als 300 Marken. Auch in Deutschland, die Firma hält 30 Prozent der Paulaner Brauerei Gruppe. Trotzdem wird nur die Hausmarke serviert, unter dem Namen Heineken gibt es nur eine Sorte. Die ist nicht gerade mein Favorit, es gibt aber Schlimmeres:
Es war ein kurzweiliges Erlebnis, und ich war froh, dass ich das unternommen hatte.
Zaanse Schans / Niederlande
Für den Nachmittag buchte ich eine Busfahrt zum Freilichtmuseum Zaanse Schans und nach Edam. Beides hatte ich schon einmal gebucht, aber eine Wiederholung war mir lieber als durch Amsterdam zu laufen.
Das Freilichtmuseum Zaanse Schans nördlich von Zaandam war mit dem Bus schnell erreicht. Es ist ein Dorf mit bewohnten Häusern, typischen Gebäuden, Museen, Shops, Cafés und natürlich Windmühlen:
Ein echtes Holland findet man dort nicht. Die historischen Gebäude und Windmühlen standen ursprünglich in der ganzen Gegend verteilt. Sie sind aus dem 18. und 19. Jahrhundert, und wurden seit dem Jahr 1961 sukzessiv zu ihrer neuen Heimat Zaanse Schans gebracht:
Alle gängigen Klischees des Landes wurden in der Disneyland ähnlichen Anlage präsentiert, wie hier diese Holzschuhe:
und die Käserei, in der man erfährt, wie der Käse entsteht:
Immerhin war dieses Schaf echt:
Bei Schafen in den Niederlanden kann man gut wissen, wie das Wetter ist: Haben sie keine Locken, hatte es einen Sturm gegeben. Sind sie weg, gab es einen Orkan. Sind sie danach wieder da war es ein Tornado …
Gelungen war der Besuch trotzdem, ich hatte mich amüsiert. Zumal die vielen Touristen aus Asien gefehlt hatten, in der Anlage war es relativ ruhig im Gegensatz zu den letzten Jahren. Vor Corona Zeiten gab es bis zu 900 000 Gäste per annum.
Edam / Niederlande
Wir fuhren weiter nach Edam, das auch die Perle an der Zuiderzee genannt wird, und an der IJsselmeer liegt. Das IJ stimmt, es ist im Niederländischen eine Ligatur, weshalb auch das J als Majuskel geschrieben wird. Das ist nicht mein Wissen, und hatte ich abgeschrieben, weil es mir merkwürdig erschien.
Die meistens denken zuerst an Käse, wenn sie den Namen der Stadt hören. Zu Recht, denn sie hat eine jahrhundertelange Tradition als Umschlagmarkt davon.
Ein Spaziergang entlang des Kanals Nieuwe Haven ist ein Muss für alle Besucher:
mit Blick auf diese kleine Brücke über die IJe (ja, das IJ stimmt auch hier):
Im Hintergrund ist die wesentliche größere Kwakelbrug zu sehen:
Pavillons wie der im Vordergrund werden hier Theekoepels genannt. Ich vermute, dass hier nicht die armen Menschen der Stadt residieren.
Die Kwakelbrug wird noch benutzt, ist funktionstüchtig, und soll eine der schmalsten und ältesten Brücken des Landes sein:
Das Oudste Houten Huis ist das älteste Holzhaus der Stadt:
Es wurde im 16. Jahrhundert erbaut, und sowohl seine Fassade als auch die Fensterläden sind größtenteils original. Es hat viele Stadtbrände überstanden, warum auch immer.
Das ehemalige Rathaus auf der linken Seite des Bildes ist heute ein Informationszentrum für Besucher:
Ansonsten prägen Kanäle die Stadt, in denen die Jugend ihren Spaß daran hat:
Auslauf in Amsterdam / Niederlande mit der MS Lady Diletta
Zurück in Amsterdam hatte ich beim Auslaufen danach die herrliche abendliche Stimmung genossen, ich lasse die Bilder für sich sprechen:
Ich fing an, mich auf der MS Lady Diletta einzugewöhnen. Die Lady wurde nach die im Jahr 2019 geborene jüngste Tochter von Inti Ligabue, Eigentümer der Ligabue Gruppe und Betreiber der MS Lady Diletta, benannt. Etwas älter war die Musikerin, ihre Melodien hatten mir gut gefallen. Ein spezieller Gast (ich könnte ihn greifen) hatte sich an dem Abend in Amsterdam den zu der Stadt passenden Musikwunsch Amsterdam (Liebe hat total versagt) gewünscht. Sie kannte das Lied (für manche auch Leid) nicht, wird aber ab sofort es immer spielen, wenn die MS Lady Diletta in den Niederlanden anlegt.
Enkhuizen und Hoorn / Niederlande
Enkhuizen
Am nächsten Tag sollte ursprünglich Antwerpen angefahren werden. Da die Stadt zu diesem Zeitpunkt als Corona-Risikogebiet eingestuft war, wurde die Destination gestrichen und die beiden niederländischen Kleinstädten Enkhuizen und Hoorn angelaufen. Ich kannte alle drei Städte, mir war das egal.
Wir fuhren am nächsten Tag durch ein Windräder-Land:
and lagen danach in Enkhuizen, eine alte Stadt am IJsselmeer mit einer reichen Geschichte.
In der Nähe der Anlegestelle steht das Drommedaris von 1540, das bekannteste Gebäude der Stadt. Es diente lange Zeit als Wehrtor und Gefängnis und beschützte den Eingang des Hafens:
Es gibt einige Häfen in der Stadt, die meisten sind außerhalb des Stadtkerns:
Über die Drommedarisbrug ging ich zum Zentrum:
wo auch einige Boote lagen:
Kanäle wie so oft in den Niederlanden prägen die Stadt:
Romantik und viel Freiheit verbinden die meisten Einheimischen und Besucher mit einem Leben in einem Hausboot:
Wie es in der Realität ist, kann ich nicht beurteilen, für mich wäre das nichts. Denn das Haus muss dicht sein und bleiben, man möchte nicht in einer Titanic wohnen. Und unwillkommene Gäste (wie Spinnen und Ratten) oder die Entsorgung von Brauchwasser machen es nicht besser.
Danach hatte ich ein ganz anderes Problem, und es ging ausnahmsweise mal nicht um Durst. Die Brouwerij de Werf war mein Retter in der Not, obwohl sie noch offiziell geschlossen war:
Schade, dass es zu früh für einen Umtrunk war. Die Jungs waren toll dort, vielen Dank von mir auf diesen Weg für die Hilfe. Das mitgenommene Bier schmeckte daheim köstlich. Ich würde meine Arbeit mit nach Hause nehmen, wenn ich dort als Bierbrauer eingestellt bin.
Hoorn
Auch die nächste Destination Hoorn begrüßte uns mit einem Turm:
Benannt nach dem Dock Houten Hoofd, das sich direkt hinter dem großen Wehrturm befindet.
Fast direkt am Turm sind diese drei zu sehen, die Scheepsjongens van Bontekoe:
Kapitän Bontekoes Schiffsjungen ist ein niederländisches Jugendbuch, das 1924 erschien. Die Jungs heuern auf der Nieuw-Hoorn an, die für die Niederländische Ostindien-Kompanie nach Java fahren soll. Spoiler: Im Buch gibt es ein Happy End, im Schiffs-Journal des Kapitäns Willem Ysbrandszoon Bontekoe, von dem das Buch inspiriert ist, nicht.
Anheuern auf diesen Booten ist wahrscheinlich unmöglich:
Ich lief in die Innenstadt, entlang von idyllischen Kanäle:
Die Blütezeit von Hoorn war im 17. Jahrhundert. Der Ort war Namensgeber für den südlichsten Punkt des amerikanischen Kontinents, Kap Hoorn. Dementsprechend prägt noch heute die maritime Vergangenheit das Antlitz der Hafenstadt:
Der Käsemarkt Hoorn war alles andere als Käse, sondern malerisch:
Humor haben sie dort:
Oostereiland ist eine in 1662 entstandene künstliche Insel. Hier liegt das ehemalige Gefängnis, das heute ein Hotel ist.
Die abendliche Stimmung mit Blick auf den Turm und die Stadt war toll:
Auch von Bord aus gesehen:
So langsam wunderten wir uns beim Abendessen, dass die Abläufe nicht eingespielter wurden, und es konzeptlos wirkte. Auf allen Plätzen standen bereits die Vorspeisen beim Betreten, obwohl unser Tisch nur mit zwei Personen besetzt war. Wenn ich beim Mittagessen mitteilte, dass ich am Abend nur den Hauptgang haben wollte, standen sie trotzdem auch auf dem Tisch, oder wurden serviert. Eine sinnlose Verschwendung. Dafür fehlte etwas immer, sei es Salz, Pfeffer, Essig oder Süßstoff. Manches war mir vorgekommen wie ein unverständlicher und zäher deutscher Verwaltungsakt.
Ein angebotener Tee war ungenießbar und ätzend. Wir vermuteten, dass noch Reinigungsmittel in der Wasser-Leitung war oder so etwas. Als Putin-Kritiker in der Ukraine hätte ich mir Sorgen gemacht, trotz nur einem Schluck davon.
Ich hoffe für die Zukunft, dass die Küchen- und Serviceleistung im Restaurant auf der MS Lady Diletta sich noch verbessert als bei dieser Reise durch die Niederlande. Es wäre schade für das ansonsten tolle Schiff mit seinem super Personal.
Dordrecht und Rotterdam / Niederlande
Dordrecht
Die älteste Stadt in Holland ist Dordrecht, eine Stadt und Gemeinde in der niederländischen Provinz Südholland. Sie erhielt die Stadtrechte 1220, und ist damit die älteste Stadt in Holland (aber nicht in den Niederlanden).
Der stumpfe, schiefe Turm der Grote Kerk prägt bereits seit Jahrhunderten das Stadtbild:
was ich ganz toll fand:
Ich hatte eine enge Gasse entdeckt, die bestimmt als Sehenswürdigkeit in keinem Reiseführer steht:
Da musste ich natürlich durchlaufen, meine Neugier siegte:
und fühlte mich eng dabei.
Danach hatte ich mein Paradies gefunden, die Distilleerderij Rutte:
Seit fast 150 Jahren wird hier Genever, Gin und Likör destilliert. Es scheint die Zeit stillzustehen, denn selten wurde etwas verändert. Ein Besuch ist uneingeschränkt zu empfehlen. Und dieser Absatz entstand ohne einen Einfluss von Alkohol. Nicht wie hier: Der Besitzer von diesem Fahrrad besuchte wahrscheinlich den Verkostungsraum, und wusste danach nicht mehr, wo es steht:
Nach einem letzten Bild auf die Stadt und einem Turm auf der anderen Seite der Maas:
fuhren wir weiter zu der coolen Hafenstadt Rotterdam. Die Attraktionen der Stadt kannte ich, und buchte lieber einen Ausflug zu den zwei Nachbarstädten Den Haag und Delft.
Den Haag
Zuerst ging es zum Seebad Scheveningen, der Strand von Den Haag. Es ist über 200 Jahre her, dass Jacobus Pronk das erste Badehaus dort errichten ließ. Wir hatten dort fünf Minuten Zeit, um ein paar Bilder aufzunehmen:
Danach hatten wir noch einen kurzen Foto-Stopp am Friedenspalast. Er wurde 1913 fertiggestellt, inmitten einer Parklandschaft. Das Gebäude ist Sitz des Internationalen Gerichtshofs, des Ständigen Schiedshofes, der Haager Akademie für Völkerrecht und einer bedeutenden Völkerrechtsbibliothek:
Nur leider gab es nicht die versprochenen öffentlichen Toiletten, gut organisiert war dies nicht. Es steigerte sich aber noch. Ich musste an meine erste und letzte Busfahrt nach Paris denken in meinen jugendlichen Jahren, die sich ewig mit zwölf Stunden gezogen hatte. Ganz so lange war es hier nicht, es tat sich aber genauso wenig für eine lange Zeit. Die Staus von Den Haag als Ausflugsziel sind nur eingeschränkt zu empfehlen. Zumal der Weg in die Innenstadt auf einmal angeblich gesperrt sei, und die Besichtigung der Stadt abgebrochen wurde. Es gab einen großen Unterschied zwischen Erwarten und Erleben.
Eine Fahrt nach der Formel: Keine Toiletten + keine Regierungsgebäude = Viel Frust und zum Abgewöhnen. Mein persönlicher Rheinfall im Jahr 2020.
Delft
Ohne einen weiteren Stopp wurde immerhin der Weg nach Delft gefunden. Die Stadt verdankt ihren Namen dem künstlichen Wasserlauf Delft, an dem sie entstanden ist.
Wir liefen Richtung Zentrum natürlich an Kanälen vorbei, wir waren ja in den Niederlanden:
mit bizarren grünen Algen:
in die Richtung Nieuwe Kerk:
und erreichten den historischen Marktplatz, mit dem alten Rathaus (Stadhuis):
und natürlich der Nieuwe Kerk. Sie ist eine der größten Kirchen der Niederlande und ein Werk der Backsteingotik:
Hier gibt es auch Souvenir-Geschäfte, die niemand benötigt. Wer so etwas kauft, hat wohl die Kontrolle über sein Leben verloren:
Ich wollte sehen, ob ich nach ein paar Bier meine Kontrolle verliere, und ging zum Delfts Brouwhuis: Dort hatte es mir auf Anhieb gefallen:
Das Bier schmeckte klasse, ich musste natürlich so viel wie möglich probieren:
Delft war interessant, aber der Abstecher nach Den Haag großer Murks, und verschenktes Geld. Mein Tischnachbar und ich meldeten den Ausflug zu den sehenswertesten Staus der Niederlanden der Kreuzfahrtdirektorin. Sie war überrascht, weil der lokale Reiseleiter der überzeugt war, dass alles gelungen sei. Sie konnte natürlich nichts dafür, und vertraute zuerst den Aussagen des lokalen Guides. Gehört hatten wir nichts mehr danach von der kompetenten Mitarbeiterin. Ich hoffe, dass dies an die örtliche Agentur weitergeleitet wurde, um nachfolgenden Passagieren so etwas zu ersparen.
Rotterdam
Der Tag und der Abend waren aber noch lange nicht vorbei. Die abendliche Stimmung mit den Lichtern auf die modernen Gebäude war top:
Anstatt trotz Getränkepaket im Salon von der MS Lady Diletta zu sein, trank ich lieber ein paar Cocktails inmitten von außer mir jugendlichen Publikum in einer der coolsten Lokation in den Niederlanden, der Palmboompjes pop-up Bar:
Ob ich an der Schiffs-Bar vermisst wurde, ist mir nicht bekannt. Denn ich blieb lange, es hatte mir gut gefallen dort. Von dort zum Schiff hatte ich es nicht weit:
Veere und Bruinisse / Niederlande
Deltapark Neeltje Jans
Veere ist meine kurz besuchte Stadt in den Niederlanden. Dort am Morgen angekommen, wurden wir umgehend in Ausflugsbusse zum Deltapark Neeltje Jans verteilt. Die MS Lady Diletta fuhr mit den restlichen Passagieren weiter nach Bruinisse im Südwesten der Niederlande, wo wir danach wieder das Schiff erreichten.
Mehr als die Hälfte der Niederlande liegt tiefer als der Meeresspiegel, muss also durch Deiche, Wehre und andere Bauwerke vor Überschwemmungen geschützt werden. Nach fast zehnjähriger Bauzeit wurde auf der unbewohnten Insel Neeltje Jans ein bewegliches Sturmflutwehr gebaut. Begonnen hatte unsere Tour mit Die Delta Experience. Das war eine beeindruckende und dramatische 4D Animation, ich konnte die zerstörende Kraft spüren:
Warum dieser Dinosaurier ausgestellt wurde, hatte ich nicht herausgefunden:
Danach gab es eine geführte Tour zur Sturmflutwehr:
Das Bauwerk hat eine Betongarantie von 200 Jahren und ist mit 45 Meter breiten Stahltoren ausgestattet:
Die Wahrscheinlichkeit für eine Überschwemmung war damals einmal alle 80 Jahre. Nun ist die Wahrscheinlichkeit weniger als einmal alle 4 000 Jahre:
Auch die Innenräume konnten wir besichtigen:
Unser Führer Niko hatte einen tollen Job gemacht, und uns ausführlich informiert. Ein großes Danke auf diesem Wege. Mir hatte es gut gefallen dort, und das war mal ganz etwas anderes. Die Kritiken in diesem Jahr bei TripAdvisor sprechen eine andere Sprache. Es kann gut sein, dass wir Privilegien hatten durch unsere Gruppe, die individuelle Reisende nicht hatten. Die derzeit wegen Corona geschlossenen Aktivitäten hatten mich nicht interessiert, aber vielleicht gut zu wissen bei einem geplanten Aufenthalt dort.
Bruinisse
Zurück in Bruinisse angekommen, hatten wir noch viel Freizeit. Die MS Lady Diletta lag etwas außerhalb, ich lief durch eine liebliche und Niederlande-typischen Landschaft zum Ort:
Bruinisse ist überschaubar, und viel zu sehen gab es nicht:
Als Alkoholbeauftragter fand ich schnell einen Weg, mir die Zeit zu vertreiben. Das Café ‚t Veerhuis war gemütlich, und das Bier schmeckte:
Zurück auf der MS Lady Diletta hatte am Abend der sympathische Kapitän aus den Niederlanden stammende Raul Kraaier, der aus Verrückt nach Fluss bekannt ist, seine Familie zu Besuch. Sein Sohn sah aus wie er, dass er der leiblige Vater ist, kann niemand anzweifeln.
Nijmegen / Niederlande
In Nijmegen war ich im Jahr 2020 schon einmal, trotzdem fand ich jede Menge Neues zum Anschauen. Der Grote Markt ist der größte Platz der Stadt, und wohl auch der schönste:
Eingekauft wird mehr in der Marikenstraat. Sie nutzt den Vorteil der Höhenunterschiede der hügeligen Stadt aus:
Falls vorhanden, kann Geld dort auf zwei Ebenen ausgegeben werden!
Die Stevenskerk ist die historische Hauptpfarrkirche der Stadt:
Ich ging hinein, und war irritiert. Nicht nur Bilder von halb nackten Männern waren zu sehen:
sondern auch von noch freizügigeren Frauen. So etwas hatte ich noch nie in solchen Orten erlebt. Auch die Musik aus der Orgel war gewöhnungsbedürftig, ich vermute, sie wurde eingestimmt.
Ich lief danach ziellos durch die Stadt und fand diese Statue. Was immer das auch bedeuten soll, ich empfand es als kreativ:
und dieses Schild:
Hier wohnte Henriette Presburg, die Mutter von Karl Marx. Das Wort Moeder ist Mutter auf Niederländisch, folglich war sie keine Böse.
Die Eisenbahnbrücke (niederländisch Spoorbrug) überspannt die Waal, den südlichen Arm des Rheins im Rhein-Maas-Delta:
Ohne einen Plan zu wissen, was auf dem anderen Ufer zu sehen war, überquerte ich sie:
und hatte einen guten Blick auf die Stadt und den am Ufer liegenden Kreuzfahrtschiffen:
Um Überschwemmungen der Waal bei Hochwasser zu mindern, wurde das Flussgebiet erweitert. Dazu hat man das nördliche Ufer so zurückgelegt, dass ein zweiter Stromarm, die Spiegelwaal, entstanden. Um diesen zu erreichen, wurde die Brücke De Lentloper gebaut:
Auf der neuen Halbinsel Veur-Lent gibt es Strände:
und zurück gelassene Fahrräder:
Die Stadt hatte dort im April 2020 eine neue Landmarke bekommen: Diese römische Reitermaske ist nun das Das Gesicht von Nijmegen:
Der Künstler Andreas Hetfeld will Ein Kunstwerk für die Ewigkeit geschaffen haben:
Aktuell passt es derzeit nicht: Die Römer haben eine Maske genutzt, um sich gegen einen sichtbaren Feind zu wehren. Heute werden Masken gegen einen unsichtbaren Feind, der vermutlich viel gefährlicher ist, benötigt.
Bewacht wird das Gesicht von der Kanone der Fort Knodsenburg:
Vom Fort selbst ist nicht mehr viel zu sehen, außer ein paar Mauern:
Der kurze Ausflug zu der Geschichte der Stadt hatte sich gelohnt.
Ich könnte mich jetzt herausreden, dass es mit Kultur weiter ging, denn die Brouwerij de Hemel hat auch ein Museum. Da ich dort vor ein paar Wochen bereits war, ging ich Banause nur in den Schankraum:
und ließ es mir bei einem Biertest gut gehen.
Das grausame Ende und die Rückreise der MS Lady Diletta von den Niederlanden
Das war toll, nur später wurde es an Bord grausam. Für die einen war es das Abendessen, für mich war es die schlimmste Zeit während dieser Kreuzfahrt. Obwohl ich mehrfach erwähnt hatte, dass ich Knoblauch nicht vertrage, ging es mir nach einem Biss in den Rosenkohl wie mit dem ganzen Jahr 2020: Ich wollte einfach nur, dass es aufhört. Mein Abend und die Nacht waren im Eimer. Auch weil ich meinen Ratgeber: Trotz Knoblauch-Geschmack tief schlafen nicht dabei hatte. Die Reaktion des Verantwortlichen war wie ein Schüler, der unbedingt eine Antwort geben will, aber die Bedeutung nicht verstanden hatte. Aber: Dont Look back in Anger. Das war mir schwierig gefallen, hatte es aber geschafft.
Der Blick auf die schöne abendliche Stimmung machte es etwas besser:
Die Bedienung beim Frühstück am nächsten Tag spielte immer noch auf beleidigt, und ich sollte mich in Coronazeiten an einen Tisch setzen, der zudem mit den Resten der Vorgänger gespickt war. Das lehnte ich ab, was ihn zu einer noch schlimmeren Gemütslage führte. Das Tolle an schlechter Laune ist, dass sie länger als gute hält.
Dann verabschiedete ich mich von der restlichen Crew, und fuhr mit dem Taxi zum Bahnhof, von wo aus es zurück in die Heimat ging:
Der Aufenthalt in den Niederlanden war mir trotz Corona vorgekommen wie: Es wurde gefeiert, ohne Abstandsregeln. Dafür zahlt das Land jetzt den Preis. Es ist inzwischen stark betroffen (Stand: Anfang Oktober 2020). Alle Landesteile außer Zeeland sind mittlerweile als Risikogebiet eingestuft.
Die guten Zeiten sind vorbei, egal wo. Vielleicht kommen einmal noch bessere, und bei der nächsten Zeitumstellung wird wieder auf Die Unbeschwerte zurückgestellt. Oder auch nicht. Es muss nicht jeder Tag ein Sonntag sein, aber auch nicht: No Country for Old Men.
Das war meine Kreuzfahrt Nummer sieben im Jahr 2020, über alle wurde ein Bericht erstellt. Ich schreibe so etwas, seitdem ich Buchstaben kenne, also noch nicht so lange. Mir ist bewusst, dass ich nicht der schlauste, originellste, witzigste oder sonst was bin, aber mit Sicherheit kommt alles von meinem Herzen und gebe mein Bestes. Einen Pulitzer-Preis dafür habe ich noch keinen bekommen, aber hoffentlich einige zufriedene Leser. Das ist es mir wert.
In der Vergangenheit war ich nach Bangladesch geflogen, weil es hieß, dass das Besprechungszimmer am Ende des Ganges sei. Das wird es wohl in naher Zukunft nicht mehr bei mir geben. Im Jahr 2020 kommen noch drei (hoffentlich knoblauchfreie) Kreuzfahrten innerhalb von Deutschland dazu, wenn die Quoten es zulassen. Ich werde berichten, wenn von Interesse.
Bis dahin alles Gute, und in diesem Sinne: Ein Prost von Gerald!